ValuePublishing: Rembrandt verleiht Print postum eine ganz neue Bedeutung

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Von Andreas Weber

Der holländische Maler Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606 bis 1669) gilt als einer der bedeutendsten Maler der Kulturgeschichte. Seine Werke sind bis heute unübertroffen. Neben rund 600 Gemälden sollen über 300 Radierungen und mehr als 1500 Handzeichnungen erhalten sein. Seine in dieser Perfektion unerreichte Kunstfertigkeit überführte er in einen einzigartigen Atelierbetrieb, mit dem Anspruch, dass die Werke seiner Schüler/Mitarbeiter kaum von den eigenen zu unterscheiden waren.

Zum Atelier gehörte eine Druck-Kunst-Werkstatt. Als „Maler-Radierer“ schuf er mit seinen Parallel- und Kreuzschraffuren und insbesondere mehrfacher Plattenüberarbeitungen gedruckte Unikate. Seine Druck-Auflagen bestanden aus bis zu 11 Zustandsdrucken, da er immer wieder während des Druckprozesse die Druckplatten überarbeitete. Er trieb auf diese Weise die Druck-Kunst zu enormer Blüte, fast besessen erfand er neue Methoden für seine Radierungen. Bis heute konnte es ihm keiner seiner Künstlerkollegen gleich tun. Das besondere an Rembrandts Druck-Kunst bestand darin, mit akribischer Strichführung, unregelmäßigen Linienzügen und ohne Umrisse, ein tiefes, kraftvolles Helldunkel von höchster malerischer Wirkung hervorzurufen, wie Experten aus dem Berliner Kupferstichkabinett (eine der weltweit größten Sammlungen von Rembrandts grafischen Arbeiten) bestätigen.

 

 

 

Das Ergebnis: Rembrandts Radierungen zählen neben Albrecht Dürers Kupferstichen zu den großartigsten Kunstwerken überhaupt. Die Druck-Kunst beschäftigte den Meister während seiner gesamten Laufbahn (von etwa 1626 bis 1661) und war stets gleichbedeutend mit seinen Malereien und Zeichnungen.  

 

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The Next Rembrandt: So sieht das Daten-Druck-Kunstwerk final aus. Beeindruckender als das Digitalfoto per Web ist allerdings der Spezialdruck, den Inkjet-Technik-Spezialisten gekonnt realisierten.

Digitale Druck-Kunst ermöglicht „The Next Rembrandt“

Kunstexperten des Museums Het Rembrandthuis in Amsterdam und Wissenschaftler der Delfter University of Technology knüpften aktuell an die Druck-Kunst Rembrandts in besonderer Weise an — und fanden ein weltweites Echo. Mit Unterstützung des Technologie-Partners Microsoft wertete man alle verfügbaren Daten und Informationen aus, die Rembrandt hinterlassen hat, insgesamt rund 15 Terrabytes an Daten.

„The Next Rembrandt“ sollte entstehen aus all diesen Informationen plus 168.263 Rembrandt-Bild-Einzelteilen, die per 3D-Scan vorlagen und in einem aufwändigen, digitalen 3D-Composing zu einem synthetisierten neuen Bildwerk führten.

 

 

Ziel war es im finalen Schritt, das neu erschaffene 3D-Bildmotiv per digitalem Spezialdruckverfahren auf Leinwand zu bringen. Medienberichten zufolge wurden 3D-Drucker eingesetzt, was ein Novum wäre für nahezu zweidimensionale Objekte wie ein Bild auf Leinwand. Hierzu gibt es bis dato keine weiteren Informationen. Aber: Wer Mitte März 2016 als Besucher der Canon Business Days im niederländischen Venlo (dort befindet sich das wohl weltweit größte Technikzentrum für die Inkjet-Drucktechnikentwicklung) konnte dem Rembrandt-Kunst-Druck-Motiv bereits begegnen. Diesbezügliche offizielle Verlautbarungen gibt es dazu nicht. Bekannt ist aber, dass ein Drucker, basierend auf der in der Arizona-Serie eingesetzten Océ VariaDot Imaging-Technologie eingesetzt wird, um Bildmotive reliefartig am besten auf Basis von 3D-Scans wiederzugeben, z. B. für die Reproduktion alter, von Künstlern ehedem erstellter Stofftapeten, wie letztes Jahr im September 2015 auf den motio-Netzwerktagen in Kassel zu sehen war.

Wie auch immer, das „The Next Rembrandt“-Druck-Kunst-Objekt geht nun noch eine Stufe weiter. Denn tatsächlich ist die Anmutung des Rembrandt-Drucks einem Original des Meisters unglaublich nahe, zumal, wie das „The Next Rembrandt“-Projektteam der Presse gegenüber betonte, durch die spezielle Drucktechnik in insgesamt 13 Schichten Pinselstriche und Farbflächen farblich brillant in Halbton-Qualität erscheinen und reliefartig, partiell erhaben abgehoben sind. Gerade so, wie der Maler Pigmente und Lasuren auf dem Malgrund mehrfach sich überdeckend schichtet. Die Fachwelt darf gespannt sein, ob auf der drupa 2016 „The Next Rembrandt“ ebenfalls präsentieren wird.

 

Website Screenshots. Quelle: https://www.nextrembrandt.com

 

Wichtig ist übrigens festzuhalten: Die Projektinitiatoren und -partner maßen sich nicht an, wie in manch einem Feuilletonbericht kritisch angemerkt, es dem Meister gleich tun zu wollen, ihn sozusagen digital zu kopieren oder gar mit modernen Mitteln übertreffen zu wollen. Gemäß dem Motto: Maschinenkunst übertrifft menschliches Können. Denn gerade Rembrandt besticht nicht nur durch seine Maltechnik und Farbsensivität, sondern v. a. durch sein unübertreffliches Kompositionstalent. Nein, ganz im Gegenteil geht es vielmehr darum, in Referenz und tiefster Ehrfurcht vor dem Maler und Druck-Kunst-Meister Rembrandt zu zeigen, wie ein idealtypisches Bildwerk als Synthese seines Gesamtschaffens und Lebenswerkes mit modernster Digital-, 3D- und hochspezialisierter Inkjet-Digitaldrucktechnik manifestiert werden kann. Durch Druck-Kunst neuster Art. Haptisch-optisch beeindruckend. Anfassbar — und nicht flüchtig wie sonstige Werke der „Digital Media Art“. Bravo. Bravissimo. Das ist für die weltweite Kunstszene eine echte und herausragende Innovation. Allen Respekt, dass Technik- und Druckexperten dies bewerkstelligt haben. — Hinweis: Falls es hierzu auf der drupa 2016 neues gibt, gehe ich dem gründlich nach!

 

the-next-rembrandt Presentation

Video der Projektinitiatoren:

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