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INKISH

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WEBER + REITOFT Episode 3 — Zauber der Karibik

 

Von Andreas Weber

Die östlichste Karibik-Insel ist Barbados. In der Hauptstadt Bridgetown sitzt eine bemerkenswerte, hochspezialisierte Druckerei: Caribbean Label Crafts Ltd. Unsere 3. Episode von WEBER + REITOFT widmet sich buchstäblich dem Zauber der Karibik, von dem wir hierzulande profitieren können.

 


STECKBRIEF

INKISH.TV besuchte Caribbean Label Crafts Ltd. in Bridgetown, Barbados

Caribbean Label Crafts Ltd. wurde 1986 gegründet. Heute führend auf Premium-Ebene.

LEITLINIE: Qualität – Exzellenz – Handwerkskunst

Tätigkeitsfeld: Etikettendrucker für die Karibik und Mittelamerika, mit Standorten in Barbados, Jamaika und neu in der Dominikanischen Republik

VISION: Führend vom Konzept zur Anwendung!

„Wir wollen renommierte Designer und Drucker hochwertiger Verpackungen sein, die durch Innovation, Handwerkskunst und Exzellenz stets die Erwartungen unserer Kunden erfüllen oder übertreffen, vom Konzept bis zur Anwendung.“

MISSION: Caribbean Label Crafts Ltd. ist bestrebt, seinen Kunden erstklassige Verpackungslösungen, Support und Dienstleistungen zu bieten, die die Standards ihrer Verpackungen verbessern und einen Mehrwert für ihr Unternehmen schaffen und gleichzeitig langfristige Beziehungen aufbauen und pflegen

CLC deckt fast alle Anwendungsbereiche des Etikettendrucks ab, vor allem für FMCG-Retail-Produkte aller Art, Preis- und Barcode-Labels bis hin zu Pharma-Produkten.

Link zur Website

Mein Fazit

Selten erfährt man so offen und inspirierend, wie ein Premium-Geschäft in einem Nischenmarkt sich gestaltet und erfolgreich weiter entwickelt. Und das alles mit Bedacht und gründlicher Überlegung sowie entschlossenerem, konsequentem Handeln! Bravo!

Kernaussagen aus dem INKISH-Video

Greg Coles, Sales & Customer Service bei CLC: „Es geht bei und immer um High-end und damit High-Value-Added-Produkte und Services“

CEO Paul Evelyn: „Alle Aktivitäten inklusive Investitionen richten sich immer danach, höchste und bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Das macht im Team mit erstklassigen Mitarbeitern unsere sehr gute Reputation aus.“

Neben den höchsten technischen Standards ist bei CLC immer wichtig, die Handwerkskunst vollendet und durchgängig vom Design, über Prepress und Printproduktion zu beherrschen.

Alle Basismaterialien müssen auf die Insel importiert werden. Und 93% der Produkte werden dann wieder in über 30 Inseln & Lokalitäten in der Karibik und Mittelamerika exportiert. Das macht nur Sinn, wenn man auf Premium-Level agieren kann. Dazu gehört, Umweltaspekte im Blick zu halten und höchstmögliche Special-Effects im Druck zu nutzen. Der spezielle Fokus bei CLC liegt dabei auf dem Luxus-Spirituosenmarkt, der 80% des Produktionsvolumens ausmacht.

 

 

 

Kreativität ist ausschlaggebend, daher verfügt CLC über eine Design-Abteilung im eigenen Haus. Dadurch sei man sehr eng und schon sehr frühzeitig bei Kunden involviert, wenn Bestehendes optimiert oder Neues entwickelt werden soll. Kunden sind ebenso kleine Destillerien der Region wie auch globale Konzerne wie Campari, Rémy Cointreau mit höchsten Ansprüchen und Erwartungen an uns.

Das Ziel sei daher, ein fokussiertes Geschäft mit einer Vielfalt von drei Produktionsstandorten (spanisch wie auch englisch sprechend) zu betreiben, die letztlich alle sinnvollen Technologien bündeln. Das erhöhe die Produktionssicherheit für die CLC-Kunden ganz enorm. Dabei wirke sich auch die Optimierung der Logistik wie auch der Import- und Export-Kosten positiv aus, was die Wettbewerbsfähigkeit steigere.

Drucktechnisch liegt für CLC die Zukunft auf hybrider Druckproduktion v. a. in Kombination von UV-Inkjet- und klassischem Flexodruck. Daher fiel die Wahl auf BOBST Master DM5, laut Paul Evelyn durch die hohe Flexibilität den modularen Aufbau und hohen Automatisierungsgrad inkl. Inline-Veredelungsfertigungsmöglichkeiten.

Wichtig war, wie gründlich und auch über welch langen Zeitraum von fast eineinhaklb Jahren CLC seine Investitionsentscheidung vorbereitet hat, mit rund einem Dutzend Anwendungsbeispielen für anspruchsvolle Etikettenproduktionen, die von unterschiedlichen Lieferanten getestet werden mussten.

CLC machte von Anbeginn an gute Erfahrungen mit BOBST plus signifikante Einsparungen bei Zeit und Material. Der Zweischicht-Betrieb wurde nach der Eingewöhnungsfrist von 3 Monaten zum Jahresbeginn 2023 auf drei Schichten erweitert.

BEMERKENSWERT: Der Mix der Begriffe Handwerkskunst und Hybrid-Druck

Zum einen dadurch, dass ich vor vielen Jahren schon, nach er drupa 2012 um eine Analyse gebeten wurde, welcher Gattung, welcher Betriebstyp im Druckerei-Sektor langfristig wachsen und Erfolg haben wird. Mein Ergebnis damals wie heute: Die Moderne Manufaktur, sprich ein Unternehmen, dass neueste Technik und Prozesse souverän einsetzt und dabei auf die hohen Prinzipien der Handwerkskunst bei der Drucksachenherstellung nicht verzichtet. Et voilà: CLC auf Barbados kann und macht das!

Zum anderen der Hybrid-Druck. Eigentlich ein „altes „Thema“, das sich auf der drupa 2008 abzeichnete, sich aber dann doch nicht breitenwirksam durchsetzte. Es ging damals z.B. darum, wie man Inkjet-Druckköpfe in Offset-Rotationsmaschinen integriert, um Magazine oder Zeitungen zu personalisieren. Es gab einige Versuche, mehr aber nicht. Stattdessen hat man die Druckergebnisse bei unterschiedlichen Verfahren im Digitaldruck mit dem Offsetdruck-Ergebnis harmonisiert, damit man Drucke in der Verarbeitung mischen konnte. Das war letztlich aber nur ein netter Gag,m ziemlich selbstverliebt und ohne wesentlichen Nutzen für Kunden der Druckereien …

DARUM: Das was bei CLC in der fernen Karibik passierte, ist für mich ganz klar ein Leuchtturm-Projekt. Und BOBST mit der vor vier Jahren vorgestellten Hybrid-Maschine DM 5 ein echter Vorreiter. Überhaupt, BOBST hat sich eine Führungsrolle erarbeitet, und stellt schon lange Kundenanforderungen in den Fokus, wie CEO Jean-Pascal Bobst immer wieder betont. Dahin zu kommen war aber gar nicht so einfach. Und die richtig genutzte Digitalisierungskompetenz hilft.

Überhaupt: Das was BOBST macht, ist für mich tatsächlich nicht nur Pionierarbeit wie damals die Mondlandung, sondern eine echte Transformation im Print, mit dem Etikettendruck-Markt als Vorreiter!!! Bravo!

 


 

 


 

 

Von Andreas Weber

Willkommen zur neuen Video-Reihe! Weber+Reitoft finde ich ein perfektes Format, um zu diskutieren, in welcher Form der deutschsprachige Markt von INKISH.TV profitieren kann. Und umgekehrt. Und wir folgen dem Prinzp von Hannah Arendt: “Wahrheit gibt es nur zu zweien”!

Entsprechend bin ich sehr glücklich, ab Herbst 2023 zunächst für drei Monate mit Morten B. Reitoft zu testen, wie sich ein wöchentliches kurze Gespräch per Videochat gestalten lässt. Und ob es für uns alle Nutzen bringt. Wir starten am 27. September 2023 mit einer Video-Reportage über eine herausragende Firma in den USA, Courier Graphics in Phoenix, Arizona.

 


 

WEBER+REITOFT — Die neue wöchentliche Video-Serie für den deutschsprachigen Markt. Morton schrebt dazu:Liebe Freunde, ich spreche nicht gut Deutsch, aber es ist wichtig für mich zu versuchen. In unserem neuen wöchlichen Programm mit Andreas Weber sprechen wir über Filme und Themen, von denen wir denken, dass sie für deutsche Drucker und Geschäftsführer interessant sein könnten. Ich hoffe, dass es Ihnen gefällt und lassen Sie mich wissen, wenn Sie Vorschläge zur Verbesserung haben.

Nächste Woche sprechen Andreas Weber und ich über LabelExpo.

Vielen Dank,
Morten B. Reitoft
Redakteur

Weber+Reitoft Folge 01-2023


 

Das Weber+Reitoft-Projekt hat für mich eine besondere Bedeutung, weil ich dieser Tage, im Spätsommer bzw. Herbst 2023 mein 50-jähriges Berufsjubiläum begehen darf. WOW! Ein halbes Jahrhundert. Unglaublich! Ich habe früh angefangen, mit 14 Jahren und bin dem Medium Print treu geblieben und durfte vielen Menschen, die sich mit Print-Kommunikation beruflich beschäftigen, auf unterschiedlichsten Ebenen und in rund 40 Ländern der Welt auf allen Kontinenten begegnen.

Insofern berühren mich die INKISH-Aktivitäten und -Videos, die ebenfalls die gesamten Printwelt ansprechen, ganz besonders. 

 


PRINT VERBINDET!

Ich sitze schon seit einiger Zeit grübelnd darüber, was wohl die Meilensteine in meinem Berufsleben waren. Und komme zu folgendem Ergebnis sozusagen als kürzester Formel: „Print verbindet!“ — Wenn man das googlet, taucht immer nur auf, wie verschiedene Devices (Smartphone, Tablet, Drucker etc.) Print-Ausgaben v.a. über Apples AirPrint ermöglichen. Es geht mir aber nicht nur um diese Konnektivität. Es geht mir darum, dass Print-Kommunikation resp. Print-Medien Menschen miteinander verbindet.

Print ist wie der Mensch selbst ein analoges Medium, sprich in der Realität verhaftet, und adressiert bei Menschen das unwillkürliche, vegetative Nervensystem – einerseits durch den Sympatikus für eine Leistungssteigerung und zur Bewältigung von Stress- und Notfallsituationen; und andererseits stimuliert Print den Parasympatikus, der „Ruhenerv“, der für Entspannung und Regeneration sorgen kann. Das ist sogar in der bildenden Kunst ein wichtiger Topos, in Form der zahllosesten Bilder von Lesenden Personen. Sprich die Interaktion von und mit Menschen durch Print ist das für mich Faszinierende. 


 

Zum Video, das heute Thema sein soll: Es zeigt wunderbare Menschen, die sich mit Hingabe und großem Geschick der Printmedienherstellung in vielfältiger Weise und mit modernsten Techniken widmen.

https://www.youtube.com/watch?v=VP23TW7vNCU

Courier Graphics hat seinen Sitz in Phoenix, Arizona, und ist eine weitere großartige Druckerei. Wenn Sie die Produktion betreten, sehen Sie die riesige 32-Seiten-Manroland-Rollenoffsetmaschine, die bei der Arbeit großartig zu sehen ist, und es ist lustig zu sehen, wie klein eine Heidelberg XL-106 – 8-Farben – plötzlich im Vergleich zur Manroland – ist. Für ein Unternehmen, das sich auf hochwertige Zeitschriften, Kataloge usw. konzentriert, ist die Kombination jedoch super. Wir besuchen Courier Graphics und Präsident Scott Carritt, da das Unternehmen kürzlich in eine neue MIS/ERP-Lösung von PrintVis aus Dänemark investiert hat, was gut geklappt hat Produktivitätssteigerungen von Courier Graphics und viele andere Vorteile, über die wir in diesem INKISH-Film sprechen.

Die Firma Courier Graphics und ihr Präsident werden sehr anschaulich präsentiert, wenn auch für Deutsche der US-Südwest-Akzent von Scott Carritt nicht einfach zu verstehen ist, zumal er eloquent und schnell spricht.

Meine Highlights:

  • es wird sofort klar, was wie getan wird, um hoch-produktiv und hoch-qualitativ Kataloge, Zeitschriften, Bücher bis hin zu Postern, Umschlägen etc. herzustellen;
  • besonders gut: Gleich am Anfang (min. 1:03) sieht man  den Show-Room mit vielen Dutzend Print-Anwendungen; und es wird darauf eingegangen was Kunden wünschen: immer schneller und flexibler die Leistungen zu bekommen. Und das zu einem optimalen Preis;
  • der große Teil des Video-Interviews liegt dann auf der installierten Technik bzw. der Prozesse, um automatisiert das Beste aus der umfangreichen und durchaus heterogenen Hardware rauszuholen! Genutzt wi´werden Druckmaschinen von manroland und Heidelberg sowie MIS/EREP-Software aus Dänemark von PrintVis.
  • Interessant ist die Bemerkung von Scott, in welch hohem Maß sowohl die installierten Software als auch Hardware „customized“ wurde, sprich exakt auf seine Firma und die Bedürfnisse bei den Abläufen und den damit betreuten Mitarbeiter abgestimmt wurde und wird – und auch ständig erweiterte werden kann.
  • PLUS: Die Rentabilität und der Profit konnten mit dem Einsatz von Software deutlich gesteigert werden! Das würde man aus deutscher Perspektive nicht vermuten, dass es im Akzidenzdruckbereich noch diese Art von Erfolg geben kann.
  • FAZIT: INKISH-TV präsentiert uns in einer kompakten Form, mit sehr guter Bildsprache und Erzählweise einen — aus deutscher Perspektive gesehen  — Hidden-Champ, weit weg im Südosten der USA, eine Firma, die wir von uns aus nie entdeckt hätten. Die aber unseren bisweilen vorteilhaften Vorstellungen widerspricht: denn nicht wenige Druckfachleute denken, in den USA wäre am verbreitetstes das „Quick&Dirty“-Prinzip.  Kurzum: Scott bietet uns mit seiner Firma Courier Graphics viel Inspiration und ein tolles Fallbeispiel für einen innovativen Druckereibetrieb.

Was mir prinzipiell an INKISH-TV gut gefällt ist:

  • Viele Touchpoints werden geboten: via Social-Media, Website und YouTube. Die Videos funktionieren besten auf unterschiedlich großen Screens: ob Smartphone, Tablet, PC oder Flatscreen-Grossbildschirm mit 4K.
  • Die Bildsprache ist stets abwechslungsreich, aber nie hektisch.

Aber: Die Masse an Videos und die schnelle Folge von neuen macht es nicht immer einfach, alles im Blick zu halten. Zudem sind Sprachbarrieren immer ein Problem. Und dass der Fokus meist auf Technik-Anwendungen liegt. Ich fände es gut, ein weiteres Themenspektrum zu eröffnen:

Denn es gibt einen hohen Bedarf an anderen Themen wie Go-To-Markt, Kundenbedürfnisse inkl. Kundenkommunikation, sprich alle Themen zwischen Druckereien und ihren  Kunden in Zeiten  des digitalen Wandels.

Eine große Herausforderung besteht m. E. darin, als INKISH-Nutzer optimal navigieren zu können. Das ist nicht einfach, weil die vorhandene Stichwort-Suche entweder wenig oder zu viel anzeigt.

Anregung: Über den Tellerrand schauen!

Hier lohnt sich der Blick in andere Themenbereiche, z. B. die Ernährung: Wir haben in Deutschland eine TV-Plattform der „Ernährungsdocs“ als Mischung aus hochwertigen Video-Reportagen zu relevanten Themen und kreativen Kochrezepten, die alle super gesundheitsfördernd und dabei einfach zu kochen sind – bestens verschlagwortet, um dann für uns einzelne die spezifischen Symptomen und Krankheitsbildern punktgenaue Ergebnisse liefern. Sprich wenn ich beispielsweise als Diabetiker auch Herzprobleme habe, finde ich sofort eine Fülle fantastischer Kochrezepte, die mir bei der Selbstheilung helfen können. So etwas wünsche ich mir auch für Print! Bzw. das wäre für mich eine gute Form, INKISH weiterzuentwickeln: Als lebendes intermediäre Fachpublikation für Print-Medien mit innovativ-kreativen Rezepten, die Appetit machen und Kommunikationsprobleme lösen können.

 


 

WEBER+REITOFT – Folge 01-2023 in voller Länge

 

 

 


 

Fachjournalist Titel

Morten B. Reitoft spricht in einem LinkedIn-Post einen wichtigen Aspekt an: Wie gut ist unsere Fachpresse-Berichterstattung für Print & Publishing (inkl. Papier und Substraten aller Art). Und wem nutzt das bzw. welcher Nutzen entsteht?

— Was denkt Ihr? Kommentare erwünscht! —


Morten auf LinkedIn am 13042023Morten auf Linkedin am 14042023


 

Kritische Analyse von Andreas Weber

 

Mein POV: Ich gebe Morten völlig recht!

Zu oft werden Pressemeldungen der Industrie unverändert publiziert sowie Berichterstattung von Anbietern bezahlt. Zudem bestimmen die Anbieter gemäß ihrem Marketingplan die Themen, die in den Medien behandelt werden. Was für Leser, sprich die Beschäftigten in den Druckereien sowie deren Kunden, wirklich relevant wäre, findet so gut wie keine Beachtung.

Als dient der Nutzen der Fachmedien gar nicht dem Leser, sondern nur dem Anbieter, quasi als durchgängige, selbstverliebte  Nabelschau und Selbstbeweihräucherung.

Zur Qualität des Fachjournalismus orientiert sich Morten an den bekannten allgemein gültigen „Sieben News Criteria“:

„Timeliness · Proximity · Impact · Prominence · Oddity · Relevance · Conflict“

Das ist gut so. Aber m. E. geht es nicht nur um News, sondern um umfassende Berichtsertattung in Form von Analysen, Bewertungen, Kommentaren, Marktszenarien etc. — Sprich alles, was dem Leser erlaubt, Dinge einordnen zu können bzw. Orientierung zu finden.

Hinzu kommt, wie diese Form des massiven Anbieter-Lobbyismus nicht nur die Qualität der Berichterstattung herabsetzt, sondern auch dazu führt, dass eine unabhängige Berichterstattung nicht mehr möglich ist, weil Finanzierungsmodelle fehlen.

Die meisten Fachmedien bestehen aus Gratis-Angeboten für den Leser/User. Das heisst, für den Konsum von Inhalten wird nicht bezahlt. Warum auch, wenn die Inhalte über die Anbieter selbst und ihre PR-Agenturen verfügbar gemacht werden? Bzw. sie nicht die Interessen der Leser treffen…

Fakt ist zudem, dass ein Großteil der Fachpresse-Berichterstattung über Events erfolgt, zu denen die Anbieter die Journalisten einladen und die Reisekosten (oft auch mit Zusatzwünschen) bezahlen. Streng genommen ist dies eine Form der Vorteilsnahme resp. sogar Bestechung, die zum Beispiel vom Axel Springer Verlag als Nummer 1 in Europa schon vor über 10 Jahren stigmatisiert wurde und das Unternehmen seinen Journalisten dies ausdrücklich verboten hat.

„Ausgewogenheit, Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit“

Die Deutsche Journalisten Akademie bezieht dazu wie folgt Stellung: Qualitätsjournalismus sei gefordert, gemeint sei damit ein Schlagwort, das die professionelle Redaktion vom Laienjournalismus abgrenzen soll, deren Inhalte meist kostenlos verfügbar sind.

Und weiter: „Die journalistische Berufsethik entspricht den Kriterien für den sogenannten Qualitätsjournalismus“. In Einzelnen wird genannt:

  • Wahrhaftigkeit
  • Sorgfalt bei Recherche und Dokumentation
  • Sachlichkeit bei der Berichterstattung
  • Unparteilichkeit im Konfliktfall
  • Argumentation statt Meinungsinflation
  • Ausgewogenheit, Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit
  • Vertraulichkeit

 

Folgende Faktoren können sich auf die Qualität journalistischer Arbeit auswirken:

  • Geld: Personalabbau, geringere Honorare
  • Zeit: Mehrarbeit und Zeitmangel
  • Routinen: zu wenig Recherche, routinierte Themenselektion
  • Recht: Einschränkung journalistischer Freiheit, inkonsequent umgesetztes Akteneinsichtsrecht, geschwächtes Urheberrecht
  • Bildung: mediale Elite als Ergebnis des Ausbildungssystems, Mainstream-Journalismus
  • Selbstverständnis: Vernachlässigung relevanter Themen durch mediale Elite, Prioritätenverlagerung vom journalistischen Selbstverständnis zum notwendigen Broterwerb
  • Public Relations: externe Einflussnahme, Abnahme der Trennung zwischen Redaktion und Werbung, Uneinigkeit journalistischer Berufsverbände bezüglich ethischer Prinzipien
  • Digitalisierung: Zunahme der Partizipation von Laien, Aushebelung der Gatekeeper-Funktion durch zunehmende Internetnutzung

Daraus lassen sich drei Kernprobleme für die Qualität journalistischer Arbeit ableiten:

  1. Geld- und Zeitmangel führen zu Qualitätsverlust.
  2. Einschränkungen der Berichterstatterfreiheit und interne sowie externe Einflussnahme beschneiden die journalistische Unabhängigkeit.
  3. Die gesellschaftliche Funktion des Journalisten verliert ihre bisherige Bedeutung.

Fazit

Bezogen auf die Print- und Publishing-Branche inkl. dem Markt der Bedruckstoffe ergibt sich ein m. E. überaus trauriges Bild, das in der Breite keinen Qualitätsjournalismus zuläßt. Tiefgehende, fundiert recherchierte Berichte gibt es kaum; stattdessen mehr oder weniger redigierte Pressetexte, die mitunter dann sogar unter dem Namen des Redaktionsmitglieds publiziert werden.

Die Wertschöpfungsoptionen der meisten Fachmedien sind antiquiert sowie limitiert und klammern Vertriebserlöse zumeist komplett aus. Im Ergebnis erhalten wir Gratismedienangebote mit zumeist gleichlautend-beliebigen, von der Lieferindustrie gesteuerten Inhalten.

Leserinteressen werden nicht evaluiert und kaum berücksichtigt. Ausnahmen bestätgen die Regel, wie zum Beispiel in Deutschland Fachmagazine wie Druck&Medien und Druckmarkt, sowie international die Angebote von Inkish.tv (Videoportal) und Inkish.news (offener Blog und Newsportal) oder aber die Fachbeiträge und Blogs von anerkannten Fachleuten wie Hamilton T. Costa und Rainer Wagner (LATAM), Ludovic Martin (Frankreich) und einigen anderen mehr.

Gerade durch Expertenblogs wird die Meinungsbildung und das Vermitteln aktueller Fachthemen deutlich geprägt. Im Übrigen belegt auch mein Blog Valuetrendradar.com seit dem Jahr 2012, dass relevante Stories ein großes Publikum weltweit erreichen, mit bis dato über 130.000 Nutzern aus mehr als 160 Ländern. Als erster Fachblog im Print-Sektor wurde Valuetrendradar.com 2015 von der Deutschen Bibliothek ISSN-zertifiziert und gilt damit als wissenschaftlich zitiertfähig. 

 


 

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Fotos: Roland Walter, Offenbach

Senefelder-Ehrung in Offenbach am 06. November 2021. Festrede von Prof. Dr. Gerhard Kilger, Vorsitzender der Internationalen Senefelder Stiftung

Alois Senefelder wurde am 06. November 1771 in Prag geboren, wo zu dieser Zeit seine Eltern als Schauspieler gastierten. Dies wollen wir heute feiern und ihn ehren!

Tatsächlich wurde er seit über 200 Jahren oft geehrt. Erstmals schon 1808 durch den bayerischen Kronprinz Ludwig in seiner Werkstatt als „primus auctor“, seine Büste wurde sogar in der Ruhmeshalle in München aufgestellt. 

Spätestens seit 200 Jahren hat Senefelders Erfindung der Lithographie Weltbedeutung zuerst auf Stein, dann auch auf Metall. Seit 1955 kommt dazu die „Photolithographie in der Halbleitertechnik“ zum Einsatz, heute wird an der „Next- Generation-Lithographie“ gearbeitet, z. B. werden durch Nanoprägelithographie Strukturen von bis zu 5nm möglich, die noch leistungsfähigere Chips herstellen lassen.

Die Bedeutung der Lithographie ist enorm, allerdings kennen nur wenige den Namen des Erfinders. Eigentlich müßten heute die Medien voll von Berichten sein. So allerdings feiern wir heute hier in Offenbach in fast bescheidenem Rahmen seinen 250. Geburtstag.

Dass wir dies hier in dieser Stadt tun, ist Ihnen und den Bürgern der Stadt bekannt. Denn von Offenbach am Main aus begann um 1800 der kommerzielle Siegeszug dieser neuen Drucktechnik. Möglich war das – was in der Stadt ebenfalls gut bekannt ist – , dass der Musikverleger Johann Anton André die Bedeutung der Drucktechnik erkannte und ein Patentrecht für das „Geheimnis, Noten und Bilder auf Stein drucken zu können“ erworben hatte. Fünf Stangenpressen wurden aufgestellt, wie sie heute hier [Anm.: Im Haus der Stadtgeschichte] als Nachbau in diesem Museum in Betrieb besichtigt werden können. Sehr bald standen auch in den Filialen des Verlags Pressen in Paris und London. 

Aus dem Stand heraus ein Welterfolg!

Es war eine technikgeschichtliche Entwicklung aus der Inventionsphase in den 90iger Jahren des 18. Jahrhunderts, die in den Revolutionsjahren sehr reich an Erfindungen war, bis in die Innovationsphase, die sehr schnell vor allem den bunten Bilderdruck im 19.Jahrhundert geschaffen hat. Dann folgte die Diffusionsphase, die auch mit der Einführung der Schnellpressen und den Möglichkeiten der Photographie eine hohe Bedeutung im Druckbereich erreichte, bis schließlich der Übergang in den Offset im 20. Jahrhundert fast den ganzen Bereich des Druckwesens bis heute dominiert.

Alois Senefelder hatte ursprünglich nicht vor, Erfinder zu werden: Seine Eltern waren Schauspieler, er ging in München aufs Gymnasium und nahm Klavier- und Gesangsunterricht. Er studierte Jura, schloss sich einer Schauspielgruppe an und betätigte sich hauptsächlich schriftstellerisch. Sein erstes großes Stück „Die Mädchenkenner“ wurde sogar im Münchner Hoftheater uraufgeführt. Allerdings mußte er schon damals erfahren, dass Druckkosten seiner Werke für ihn viel zu hoch waren. 

Aus der Not geboren wurde er so zum Tüftler: Auf glatt geschliffen Steinen versuchte er durch Hochätzung Druckformen herzustellen, mit denen er seine Werke vervielfältigen wollte. Das sollte lange nicht richtig gelingen. Die Steine verhielten sich in der chemischen Reaktion mit Säuren als sehr unberechenbar. Auch beim Abwaschen der Druckfarbe entstand für ihn manchmal rätselhaftes, zu seinem anfänglichen Ärger tauchten zufällige Notizen nach dem Auswaschen erneut wieder auf. Hier wäre eigentlich des Ende der Tüftelei gewesen.

Chemischer Druck erobert die moderne Welt, inklusive Halbleitertechnik!

Wie dann tatsächlich aus diesen Effekten die geniale Idee entstand, die Steinoberfläche nicht in Hoch und Tief, sondern flach in zwei verschiedene chemische Komponenten zu verwandeln, kann man nur als glückliche Eingebung verstehen. Denn Senefelder hatte dafür bis dahin nicht die fachliche Voraussetzungen, um einen solchen Effekt zur Verfahrensreife zu bringen. Doch genau daran machte er sich in den nächsten Jahren ab 1796. In wenigen Jahren entwickelte er die chemische Präperation der Druckform sowie das Druckverfahren mit Reiber und die Übertragung mittels einer neuartigen Stangenpresse. In diesen Jahren erwarb er sich auch so viel Fachwissen, dass 20 Jahre später sein komplettes Lehrbuch zu „Steindruckerey“ herausbrachte und sein Patent auf das Verfahren erhielt. 

Wenn wir heute Alois Senefelder als den bedeutenden Erfinder der Lithographie ehren, dann sollten wir nicht – wie schon oft – nur seinen Lebensweg nachvollziehen, sondern einen tieferen Blick auf die tatsächlichen „Geheimnisse“ seiner Experimente mit dem Lithostein richten.

Üblicherweise wird das Prinzip der Lithographie mit der Abstoßung von Fett und Wasser beschrieben. Das ist natürlich nicht falsch, aber erklärt fast nichts vom Wesen der „geheimnisvollen“ Drucktechnik, denn die Druckform – der Stein – besteht weder aus Fett, noch aus Wasser. Was ist also das Besondere einer Druckform aus Stein?

 

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Senefelder hatte das Glück, dass nicht weit von München und Ingolstadt, wo er seine Versuche machte, der Kalkstein aus Solnhofen nicht weit war. Diese Steinplatten wurden typischerweise auf Böden verlegt und in vielen Gebäuden sind sie bis heute anzutreffen. Sie sind sehr hart und haben gegenüber anderem Jura- Kalk eine hohe Dichte. Jura verdankt seine Entstehung aus organischen Substanzen, dadurch sind auch viele chemische Spurenelemente, ja sogar Versteinerungen in ihm enthalten. Gerade diese Eigenschaften sind zufälligerweise dazu geeignet, durch bestimmte chemische Bearbeitung die drucktechnischen Potentiale zu ermöglichen. Auf anderen Platten wäre Senefelder gescheitert. 

Schleift man also eine solche Platte aus Solnhofener Kalk ab, so erhält man eine reaktionsfreudige Oberfläche in einem Zustand, wie er vor ca. 155 Millionen Jahren entstanden ist. U. a. ist sehr viel Kohlensäure in ihm eingelagert. Führt man nun dieser Oberfläche eine stärkere Säure (z. B. Salpetersäure) gemeinsam mit der organischen Substanz „Gummi Arabicum“ zu, so so wird die Kohlensäure entzogen und es entsteht eine hygroskopische Oberfläche, die Wasser an sich zieht. Das als Klebstoff bekannte „Gummi Arabicum“ schützt im übrigen in Afrika wie ein Harz Akazien-Bäume vor dem Austrocknen, das tut sie nun auf dem Stein ebenso. 

War jedoch bei dieser Ätzung auf der Steinoberfläche eine Spur aus fettiger Substanz, so entsteht dort keine hygroskopische Schicht. Im Gegenteil: bevor der Säureaustauch stattfinden kann, reagiert das Fett mit der Säure. Dadurch entsteht Seife, die auf der Oberfäche die Kalkseife bildet. Diese ist dann nicht nur wasserabstoßend, sondern reichert sich gerne mit weiterem Fett an. Man nennt diesen Zustand lipophil. Auf diese – scheinbar geheimnisvolle – Weise entstehen auf der Steinoberfläche zwei gegensätzliche Zustände: durch ein- und dieselbe Ätzung je ein hygroskopischer und ein lipophiler Zustand. Es liegt also nahe, mit diesen zwei Zuständen so zu drucken, wie wenn der eine hoch und der andere tief liegen würde. 

 

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Quasi ein Dream-Team: Alois Senefelder (links) und J. Anton André

 

Der komplexe Notendruck als ‚Killer-Applikation‘

Mit diesem Gedanken hatte Senefelder sehr schnell Erfolg. Danach lag es auch nahe, sich den Notendruck vorzunehmen, weil die Herstellung einer solchen Druckform viel einfacher war, als durch Hoch- oder Tiefdruck: Man mußte nur seitenverkehrt mit Feder und fetthaltiger Tusche die Noten auf den Stein zeichnen, dann ätzen und drucken. 

Das Drucken machte anfangs noch Schwierigkeiten, weil dies auf gängigen Pressen nicht funktionierte. Der Druck war dafür zu schwach. Abgeleitet vom Prinzip des Messers Schneide stellte Senefelder scharfkantige Reiber her, die er in der Presse unter hohem Druck über den abgedeckten Druckträger – dem Papier – gleiten ließ. Dadurch konnten über die Hebelkräfte seiner neuartigen Stangenpresse mehrere Tonnen Druck erzeugt werden. 

Das Erstaunliche bei der chemischen Präperation der Steinoberfläche ist die Möglichkeit von Zwischentönen. Die beschriebenen Gegensatzpaare können in mikroskopisch engen Abständen so entstehen, dass Grautöne ohne Rasterpunkte möglich sind. Das ist natürlich für den Bilderdruck von großer Bedeutung und über alle Farbskalen der sogenannte Chromolithograpie möglich. Man kann sogar sagen: Mit der Lithographie wurden im 19. Jahrhundert die Welt, also die Journale, die Verpackungen, die Plakate, Kunstdrucke und vieles mehr bunt. 

Qualitativ bis heute unübertroffen!

Diese rasterfreie Druckkunst übertrifft in ihrer Qualität alles, was durch andere Drucktechniken hergestellt werden kann und ist der Grund, warum sie gerade bei Künstlern [als den anspruchsvollsten Schöpfern von Bildinhalten!] bis heute geschätzt wird. 

In dem ersten Kapitel seines Lehrbuchs berichtet Senefelder selbst über die Geschichte des Steindrucks. Darin erfährt man auch viel über sein Leben. Dieses Kapitel schließt er mit seinem wichtigen Vermächtnis der Lithographie:

„Ich wünsche, daß sie bald auf der ganzen Erde verbreitet, der Menschheit durch viele vortreffliche Erzeugnisse vielfältigen Nutzen bringen, und zu ihrer größern Veredelung gereichen, niemals aber zu einem bösen Zwecke mißbraucht werden möge. Dies gebe der Allmächtige! Dann sey gesegnet die Stunde, in der ich sie erfand!“

Alois Senefelder starb am 26. Februar 1834 in München, bis heute können wir von seiner Erfindung nur profitieren. 

 


 

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HINWEIS

Mitglied werden im Förderverein der Internationalen Senefelder Stiftung

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Gute Zeiten. Schlechte Zeiten: Kollegen aus aller Welt zollten der drupa 2016 noch persönlich die Ehre. 

Von Andreas Weber, Trauerbegleiter

Ganz im Ernst. Kein Scherz. Heute, kurz nach Mitternacht, bin ich schweißgebadet und völlig entsetzt im Bett hochgeschossen. Ich hatte das Schreckenserlebnis: die drupa ist tot. Und keiner wusste angeblich warum und wieso. War es ein natürlicher Tod? War es ein Unfall? Oder war es gar Mord beziehungsweise Selbstmord?

Weit hinten am Horizont, halb im Dunkeln, sehe ich eine große Menschenmenge auf mich zukommen. Sie skandiert: Die Drupa ist tot! Lang lebe Druck und Papier!

Und wie von Geisterhand gesteuert, gibt mein Smartphone ein Signalgeräusch von sich. Ich schaue ganz verdutzt nach. Und sehe: ein Kalender Eintrag ist aufgepoppt. Und erinnert mich daran, dass auf den Kalendertag genau vor fünf Jahren, am 10. Juni 2016, die #drupa2016 in Düsseldorf zu Ende gegangen ist. Und ich nunmehr – weil letzter Messetag – leider abreisen musste.

Oh Mann, was für ein Abenteuer… Vor lauter Schreck und Entsetzen schlafe ich sofort wieder ein.

Gleich nach dem Aufwachen am Morgen wollte ich bei Wikipedia nachgucken, welche Rangfolge eigentlich die #drupa2016 hatte – seit der ersten drupa im Jahr 1951. Ich stellte zu meinem Erstaunen fest, dass die Einträge in Wikipedia gar nicht aktualisiert worden waren und somit den neusten Stand hergeben. In der deutschen Textfassung ist die #drupa2016 tatsächlich die letzte, die je stattgefunden hat. Kein Wort über das hin und her, die Absage in 2021 und der Ersatz durch letztlich die aus meiner Sicht unglückselig-missratene #virtualdrupa…

 

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Szenen der Freude auf der drupa 2016 sowie Screenhsots des inaktuellen deutschen Wikipedia-Eintrags zur drupa, Stand 10. Juni 2021.

 

 

Ganz ehrlich: Wie kann das sein? Will man etwas verschweigen? Sollen Tote länger leben können?

Den ganzen Vormittag verbrachte ich – als ausgemachter Fan der drupa seit fast 45 Jahren! – damit, zu überlegen und zu bewerten, was warum und wie passiert ist. Zunächst: Die drupa 2016 war wie üblich ein herausragendes Erlebnis, wenn auch mit weit weniger Besuchern als gewohnt. [Siehe meine umfangreiche Berichtsserie aus valuetrendradar.com].

Aber, wie die Analysen im Nachgang zeigten, ohne signifikante, positiv-dynamische Effekte auf Märkte und Entwicklungen. Im Gegenteil. Das, was auf der #drupa2016 z. T. vollmundig propagiert wurde, trat so nicht ein. Die Situation der Hersteller (im Offset- wie im Digitaldruck) verschlechterte sich im Lauf der Jahre auf breiter Front, mehr und mehr Druckereien gerieten in Schief-Lage oder verschwanden vom Markt. Zum anderen gab es immer mehr Zweifel, ob sich die drupa als Mega-Event überhaupt noch rentiere.

Umso erstaunlicher, dass das drupa-Veranstaltungsteam einfach weiter machte wie bisher. Oder auch nicht. Denn nie zuvor war es um eine drupa so still wie in den Jahren 2018, 2019 und 2020 bis zum Ausbruch der Corona-Krise. An das, was die #drupa2016 noch ausmachte, ein riesiges, globales Echo auf den Social-Media-Plattformen (allen voran Twitter und Linkedin), wurde nicht mehr angeknüpft. Und noch krasser: Die Online-Aktivitäten seitens der drupa-Veranstalter wurden sogar heruntergefahren.

Kamikaze / Selbstmord oder Mord?

Was in der Folge und warum rund um die #drupa2020 alles schief gelaufen ist, das habe ich mit meinem Freund und INKISH-Kollegen Morten B. Reitoft in einer 10-teiligen (!) Artikelserie auf INKISH.NEWS detailliert und profund darlegt.  [Siehe: „Düsseldorf: Hotspot für Erfolg?“]

Klar wurde uns: Das hätte erstens so gar nicht kommen müssen. Und zweitens steht die Eigenwahrnehmung der Veranstalter im diametralen Gegensatz zu dem, was Markt (Fachpublikum, Experten und Aussteller) empfinden und sich wünschen.

Kein Wunder also, dass die #virtualdrupa im April 2021 ein völliger Flop wurde. Nur wenige Teilnehmer, kaum Resonanz, schon gar nicht über Social Media oder die Blogger-Szene, wenig fesselnde Themen und Darbietungen. Einige selbstgebastelte oder ‚gekaufte‘ Posts auf Twitter. Das wars. Noch nicht Mal die #virtualdrupa Showpartner befanden es als wichtig, über das, was sie bei der #virtualdrupa2021 anstellten, aktiv zu kommunizieren. Trotzallem bzw. traurig aber wahr: Die Veranstalter verbuchten alles als vollen Erfolg. Und haben sich dadurch noch unglaubwürdiger gemacht und vernichten das wenige Restpotenzial, das drupa noch hatte.

Interessant ist dagegen: Die aus meinem Netzwerk aufgetauchten Erinnerungs-Posts via Facebook, Twitter und LinkedIn das gemeinsame Erleben der #drupa2016 fanden ein unverhofft großes internationales Echo. Wunderbar. Da menschelt es. Da geht doch was.

Mein trauriges Fazit: Nach 10 drupa-Teilnahmen seit 1977, davon 6 jeweils über die gesamte Laufzeit von 14 Tagen, inkl. der Redaktion des wunderbaren Buches „drupa Internationale Fachmesse Druck und Papier 1950 bis 1990“ sowie der Würdigung als bester Fachjournalist auf der drupa 2004 u. a. m. muss ich leider, hier und heute, am 10. Juni 2021, feststellen: das wichtige Kapitel drupa ist für mich und mein Berufsleben zu Ende.


Meine Trauerbotschaft ist entsprechend kurz und prägnant:

„Nach jahrelangem Leiden und schwerem Siechtum ist weder plötzlich, noch unerwartet die drupa als globale Leitmesse verstorben. Wir werden sie vermissen oder eben nicht! Drum lasst uns wohlgemut und unverzagt ausrufen: Die drupa ist tot! Lang lebe Druck und Papier!“

 


 

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Von Andreas Weber

Nach dem Kommunikations-Desaster im März 2020 schien Heidelberger Druckmaschinen AG wieder auf Kurs zu kommen. Gemäß dem Motto: „Weniger ist mehr“ wurde im Zuge der Transformation die Firma komplett umgekrempelt. Ziel: Den Cash-Flow zu stärken und nur noch zu unternehmen, was auch Profit bringen kann. Umsatzrückgänge werden dabei in Kauf genommen.

Der Höhepunkt: Mit dem Verkauf der Gallus-Gruppe sollte — per Pressemeldung vom 22. Juli 2020 verkündet — ein bedeutender Meilenstein in der Transformation von Heidelberg erreicht werden. Die Branche staunte. Doch schon im August 2020 wurde gefragt: Was weiß man über den Käufer? Wer ist Marco Corvi und seine Benpac Holding AG mit Sitz in der Schweiz? Selbst Profis aus der Finanzmarkt-Branche fanden keine Antworten.

Zweifel und Widersprüchlichkeiten tauchten auf, auch getrieben durch Zeitungsberichte aus Luzern und St. Gallen. Das Tagblatt sowie die Luzerner Zeitung titelten: „Marco Corvi und seine Firmengruppe Benpac: Kratzer am Image des Unternehmensretters“. Redakteur Christopher Gilb schrieb am 29. Oktober 2020: „Mit seiner in Nidwalden beheimateten Benpac-Gruppe ist Marco Corvi in Rekordzeit auf Expansionskurs. Mehrere ehemalige Geschäftspartner, Mitarbeiter und externe Berater zeichnen aber ein anderes Bild des Firmenretters. Corvi selbst weist die Vorwürfe deutlich zurück.“

Redakteur Gilb erwähnte in seinem Bericht dabei auch die umfangreichen Recherchen von Morten B. Reitoft und INKISH.News. In einer breit angelegten und gründlich recherchierten Berichtsserie hatte Reitoft detailliert aufgezeigt, dass Marco Corvi Dinge vorspiegelt, die so gar nicht sein können. Aus meiner Sicht wurde im Stil ‚Potemkinscher Dörfer‘ agiert, um die tatsächliche Situation zu vernebeln. Es folgte dann am 25. November 2020 die Meldung, dass zwei Aufsichtsratsmitglieder der Benpac Holding AG ihr Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt hatten.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten bei Heidelberg alle Alarmglocken schrillen müssen. Zentrale Frage war: Woher will Marco Corvi die 120 Mio. Euro in bar her nehmen, um den Kaufpreis zum Jahresende 2020 vertragsgemäß zahlen zu können?

 

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Bild: INKISH.NEWS

 

Stattdessen machte man bei Heidelberg konsequent weiter und meldete per 1. Dezember 2020 den Verkauf beim Bundeskartellamt an (Aktenzeichen BE5/163/20), um innerhalb von vier Wochen eine Freigabe zu erwirken und den Verkauf fristgemäß abschließen zu können. Die Freigabe erfolgte auch zum 23. Dezember 2020.

Markant: Per 15. Dezember 2020 ging auf Betreiben von Heidelberg ein anwaltliches Schreiben im Namen der Heidelberger Druckmaschinen AG an INKISH und Morten B. Reitoft raus. Mit der ultimativen Aufforderung, innerhalb von Tagesfrist eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen. Dadurch sollte die kritische Berichterstattung zu Heidelberg und dem Benpac-Gallus-Deal unterbunden werden.

Abgesehen davon, dass diese Forderung in ihrer Berechtigung in Zweifel gezogen werden sollte, bedeutet es eine Zäsur für eine freie Berichterstattung gerade auch im Fachjournalismus (Siehe meinen Kommentar „Sein oder nicht sein…“. Mein Fazit: „Das bringt einen neue Qualität in die Diskussion um die Unabhängigkeit der Print-Fachpresse, die gravierende Auswirkungen hat. Denn der Rechtsmittel nutzende Verkäufer ist ein milliardenschweres Unternehmen, das Fachmedium naturgemäß eine kleine, feine, Inhaber-geführte Firma. Allerdings mit dem Asset, ein starkes globales Netzwerk und viele zehntausende Leser und Nutzer nutzen zu können; und von Werbeeinnahmen abhängig zu sein. Klingt sehr nach David gegen Goliath. Und wie das ausgegangen ist, wissen wir ja. — Für mich als Journalist und Analyst heisst das aber: Ein börsennotiertes Unternehmen, das so agiert, steht nicht mehr auf meiner Favoritenliste. Es hat sich selbst ins Abseits katapultiert.“

Nunmehr musste Marco Corvi per 29. Dezember 2020 verlautbaren, dass er nicht im Stande ist, den Kaufpreis wie vereinbart zum 31. Dezember 2020 zu entrichten. Als neues Zahlungsdatum wurde in Absprache mit Heidelberger Druckmaschinen AG der 31. Januar 2021 vereinbart. (Siehe Ad-Hoc-Meldung vom 29. Dezember 2020).

Morten B. Reitoft kommentiert dies wie folgt: „Based on the research we have done here on INKISH, we still find it extremely unlikely that Mr. Corvi will be able to fulfill his part of the agreement – leaving everybody in a vacuum with the big question – if not, then what?“

Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Und ob seitens der Anleger Stimmen laut werden, dass der Heidelberg-Vorstand frühzeitiger hätte über die Lage informieren müssen.

 


 

In den Online-Foren für Anleger wird das Thema Heidelberg-Benpac-Gallus-Deal diskutiert. Hier einige Auszüge aus Onvista.

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Link zu allen relevanten Stories von Morten B. Reitoft auf INKISH.News

 

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Potemkinsches Dorf

Quelle: Wikipedia

Dürfen Print-Fachmedien den Prinzipien eines unabhängigen Journalismus folgen? Oder müssen sie sich dem Diktat einer Art Hofberichterstattung unterwerfen? 

Für mich persönlich hatte sich diese Frage eigentlich von selbst erledigt, als ich während der drupa 2004 von der Stiftung Druck- und Papiertechnik den Hauptpreis für Fachjournalismus entgegennehmen durfte. In seiner Laudatio anläßlich einer Feierstunde erläuterte Bernhard Schreier, der damalige CEO von Heidelberger Druckmaschinen AG, die Begründung der Jury. Ich hätte mit kritischem Sachverstand relevante Branchenthemen behandelt und dabei stets über den Tellerrand geblickt, um Print in seiner vollen Bedeutung auch für die Print-Nutzer und Auftraggeber von Drucksachen erfahrbar zu machen.

Aktuell geraten diese positiven Erfahrungen ins Wanken. Mein Kollege Morten B. Reitoft, Chefredakteur von INKISH, Dänemark, wird mit juristischen Verfahren gedroht. Er hatte, gemäß seinem journalistischen Ethos und auf Basis umfangreicher Recherchen über eine Firmenakquisition herausgefunden, dass der Käufer anscheinend und aus meiner persönlichen Sicht das Prinzip der Potemkinschen Dörfer nutzt, um einen Deal herbeizuführen und dem Verkäufer ein überproportional guten Kaufpreis in Aussicht zu stellen. Bei dem vielen Geld ging offensichtlich beim Verkäufer der Blick für die Realität verloren.

Dumm gelaufen, könnte man sagen. Aber: Bei dieser Akquisition ist soviel im unklaren und hochbedenklich, dass es Schaden verursachen kann: Schaden für die Anleger des börsennotierten Verkäufers ebenso wie für die Mitarbeiter des vom Verkauf betroffenen Unternehmens.

Zudem hat der Verkäufer bis dato nichts unternommen, sich offen in dieser Sache zu äußern bzw. mit Fakten zu belegen, dass die Recherche-Ergebnisse von Morten B. Reitoft tatsächlich unbegründet oder sogar falsch seien. Bei einer Klage wird zunächst nur mit Anschuldigungen operiert. Beweisen muss der Klageführer zunächst nichts. Behauptungen genügen. Und gekoppelt mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung soll massiv Druck aufgebaut werden.

Das bringt einen neue Qualität in die Diskussion um die Unabhängigkeit der Print-Fachpresse, die gravierende Auswirkungen hat. Denn der Rechtsmittel nutzende Verkäufer ist ein milliardenschweres Unternehmen, das Fachmedium naturgemäß eine kleine, feine, Inhaber-geführte Firma. Allerdings mit dem Asset, ein starkes globales Netzwerk und viele zehntausende Leser und Nutzer nutzen zu können; und von Werbeeinnahmen abhängig zu sein. Klingt sehr nach David gegen Goliath. Und wie das ausgegangen ist, wissen wir ja.

Für mich als Journalist und Analyst heisst das aber: Ein börsennotiertes Unternehmen, das so agiert, steht nicht mehr auf meiner Favoritenliste. Es hat sich selbst ins Abseits katapultiert. Natürlich werde ich, der Wahrheitsfindung dienend, genau verfolgen, wie der Vorfall ausgeht und sich weiter entwickelt.

 


 

Hinweis: Bemerkenswert in diesem Kontext: Anders als Deutschland steht Dänemark im Ranking der Staaten, für die Pressefreiheit als ein hohes Gut ganz vorne dabei. Siehe den Bericht von Reporter ohne Grenzen — “Spitzenreiter und Schlusslichter: An der Spitze der Rangliste der Pressefreiheit steht zum vierten Mal in Folge Norwegen, den zweiten Rang nimmt unverändert Finnland ein. Dänemark rückt auf den dritten Rang vor (+2)”. Deutschland rangiert unter den Top-20 nur auf Platz 11.

 


 

Lese-Tipp: Human rights and a changing media landscape. Foreword by Thomas Hammarberg”

 

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Von Andreas Weber | English Version via INKISH.NEWS

Eine Gruppe von Journalisten hatte am 15. Oktober 2020 die Gelegenheit zum Preview in Wiesloch auf dem Werksgelände von Heidelberger Druckmaschinen. Thema war die Heidelberg Innovation Week, sozusagen die hauseigene, virtuell ausgestaltete Fachmesse, die vom 19. bis 23. Oktober 2020 virtuell stattfinden wird.

Thema waren Produkt-Neuheiten bei Print (Label, Packaging, Akzidenzdruck, inkl. Veredelungen) und Weiterverarbeitung, automatische End-to-End-Lösungs-Szenarien sowie die Erläuterung der neuen Plattform-Strategie mit Zaikio.

Wie bereits in meinem INKISH-Interview „Heidelberg auf Kurs“  hat CEO Rainer Hundsdörfer nochmals Strategie und neuen Fokus von Heidelberg dargelegt. Auszug: „Die Zukunft von Heidelberg heißt in erster Linie nicht Größe und Wachstum um jeden Preis, sondern Fokus auf die Profitabilität. Damit legen wir den Grundstein, um mit unserer Neuausrichtung von einer Erholung der Märkte zu profitieren. Heidelberg packt die richtigen Dinge an.“

Auf Basis eines starken Kerngeschäfts soll Heidelberger Druckmaschinen AG nachhaltig profitabel aufgestellt werden, um für sich und seine Kunden eine prosperierende Zukunft anzustreben.

Ludwig W. Allgoewer, Chief Sales & Marketing Officer, betonte im Gespräch den Nutzen und die Neuartigkeit der Heidelberg Innovation Week. An fünf Tagen werde nach je drei mal zwanzig Minuten währenden Kurz-Präsentationen Gelegenheiten geboten für Kunden aus aller Welt ihren persönlichen Video-Chat zu führen. Dazu stehen global rund 250 Heidelberg-Mitarbeiter zur Verfügung. Das heisst: Der persönliche Dialog mit dem Kunden steht im Fokus. Was in Anbetracht der Fülle an Neuheiten ausserordentlich sinnvoll erscheint.

Mein Fazit: Manches wird die Branche aufhorchen lassen und zeigt Heidelberg in ganz neuem Licht! Mehr dazu in den nächsten Tagen über INKISH.NEWS und INKISH.TV.


Link zu allen aktuellen Posts zur Heidelberg InnovationWeek via LinkedIn mit vielen Details und Foto-/Video-Impressionen.


Impressionen per Video-Compilation (ca. 9 Minuten)

 

 


 

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Von Andreas Weber

Es gibt besondere Ereignisse im Leben. Zum einen Krisen von nie dagewesenem Ausmaß — zumindest für meine Familie und mich — wie die durch COVID-19. Und es gibt sofort auch Lichtblicke und neue Perspektiven.

Mit meinem Geschäftsfreund Morten B. Reitoft war urspärnglich im Feberuar 2020 in Kopenhagen besprochen, was wir zusammen auf der Leitmesse drupa 2020 im Juni in Düsseldorf unternehmen wollten.

Doch mit dem Lockdown war alles gestoppt. Alles? Nein. Es ging eigentlich erst richtig los. Wir riefen INKISH D-A-CH ins Leben, als nationaler Partner von INKISH mit Sitz in Frankfurt am Main, um den Märkten in Deutschland, der Schweiz und Östereich nahe zu sein. Und um nicht nur in englischer Sprache, sondern auch auf deutsch den wichtigen Themen rund um Print-Innovationen nachgehen zu können.

Das alles traf auf weitmehr Resonanz und positives Feeedback als wir uns das erträumt hatten. Das nachfolgende Video fasst die wichtigsten Aspekte zusammen, Und fordert zum Dialog auf. 

 

Meine Empfehlung

Nutzen wir gemeinsam INKISH als Plattform für Erfolg. Wie das gehen soll? Sehr einfach. Der erste Schritt ist, sich auf den INKISH.NEWS kostenfrei zu registrieren. Hier können wir alle, auf deutsch wie auch in fünf anderen Sprachen, unsere Themen als multimediale Stories inszenieren, alles, was uns und der Branche wichtig scheinen mag.

Und per INKISH.TV teilen wir Video-Inhalte allererster Güte. Ich selbst habe schon eine ganze Reihe von Conversations geführt. Eine der wichtigsten finden sie im Anschluss, die mit Ralf Sammeck, CEO von Koenig & Bauer Sheetfed AG. Viel Spaß beim Anschauen. Feedback willkommen.

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Die 2018 verstorbene Düsseldorfer Werberlegende Hans Otto von Hirschfeld hat zu Wendezeit/Mauerfall der drupa ein unnachahmliches Denkmal gesetzt. Foto: Nachlass Hirschfeld 

Von Andreas Weber

„Brauchen wir noch eine DRUPA?“ — „Wird die DRUPA 2021 wieder stattfinden?“ — Ich kann solche Fragen ehrlich gesagt nicht mehr hören (und muss mir dabei ein wenig selbst an die Nase fassen …). Und ich kann schon gar nicht verstehen, dass immer aufs Neue etwas diskutiert wird, was eigentlich gar nicht Gegenstand des Interesse sein darf.

Klar ist:

  1. Die #drupa2020 konnte durch die Corona-Pandemie nicht wie geplant stattfinden.
  2. Alle (Organisatoren/Messegesellschaft, Aussteller, Besucher, Medien etc) mussten und konnten sich damit arrangieren.
  3. Ob die #drupa2021 stattfinden kann, lässt sich aus heutiger Sicht keinesfalls vorhersagen. Jede Form der Spekulation erscheint wenig zielführend.

Klar ist aber auch: Eine DRUPA, wie wir sie kennen und schätzen, wird es nicht mehr geben können. Was aber nicht heissen soll, dass die Grundidee der DRUPA nicht mehr gefragt ist oder tragen könnte.

Die DRUPA war seit jeher Marktplatz, Schaufenster, ‚Hub‘ und Hotspot, um ungefiltert Technologie-Innovationen für die gesamte Druckbranche rund um den Globus erfahrbar zu machen.

Zur Erinnerung: Das Kürzel DRUPA steht für „Druck und Papier“ und damit für etwas, was heute, morgen und in Zukunft bestehen wird. Wer so gesehen die Idee einer DRUPA infrage stellt, stellt generell Druck und Papier infrage.

Das Paradoxon: Die ungeheuren Stärken der DRUPA wurden, wenn nicht unbedingt zur Schwäche, so doch zum Risiko. Wir alle konnten uns in den vergangenen Jahrzehnten darauf verlassen, dass die DRUPA unvergleichlich hohe Wirkung erzielt und nachhaltig die Geschäfte absichern kann. Sowohl für Aussteller als auch für Besucher/Käufer. Wenn, wie jetzt geschehen, die DRUPA nicht stattfinden kann, fallen viele in ein tiefes Loch.

Im Übrigen gab es über Jahrzehnte auch immer wieder die kontroverse Diskussion innerhalb der DRUPA-Träger und bestimmenden Komitees: Ist Düsseldorf der richtige Standort? Welches Intervall ist passend: fünf Jahre, vier Jahre, drei Jahre? Oder Anfang der 1990iger Jahre: Sind Vorstufen-Themen — getrieben durch Desktop Publishing/IT, Digitalisierung der Pre-Media-Prozesse, Digitaldruck etc. — auf der drupa darzustellen?

Kontroversen, Disruptionen, radikale Veränderungen waren und sind immer Teil der DRUPA-DNA. Die DRUPA kann das aushalten, widerspiegeln und Orientierungshilfe geben. Das machte die DRUPA einzigartig.

Für Aussteller und Besucher der DRUPA stellt sich aus meiner Sicht eine zentrale Frage: Wie finden Angebot und Nachfrage zusammen? Mit dem Unterpunkt: Gibt es Alternativen? Einige Top-Aussteller wollen das bereits für sich beantwortet haben, zogen die Reissleine und sind für das Jahr 2021 aus der DRUPA (wie generell aus Großveranstaltungen) ausgestiegen.

Ich wage zu bezweifeln, ob dies der Weisheot letzter Schluss ist. Zumal ich beim ‚neuen’ Go-to-Market keine Innovationen sehe. Auf Hausveranstaltungen zu setzen, ist nichts Neues, ebensowenig wie virtuelle Events/Webinar-Formate zu nutzen (die nur ein Behelfsmittel sind  und zudem bis dato zu 99% dilettantisch durchgeführt werden!).

Was mir fehlt ist das ernsthafte, umfassende und zielführende Beschäftigen mit folgenden Fragen, die sich um die Werte und Verdienste ranken, die durch die DRUPA geschaffen wurden:

  1. Was genau sind die Kernwerte der DRUPA resp. von Druck und Papier?
  2. Welcher Nutzen muss sich ergeben, um Druck und Papier als „Show“-Thema attraktiv zu halten?
  3. Wie sehen angemessene Inszenierungsmöglichkeiten aus, um Angebot und Nachfrage bestmöglich zusammenzuführen?
  4. Welche neuen, durchdachten Formen der Kommunikation müssen geschaffen werden? Und wie sieht deren Umsetzung aus?
  5. Wie kann man die Interaktion und den permanenten Dialog mit allen ‚Stakeholders’ (Besucher, Aussteller, Mediatoren) homogenisieren, dynamisieren und dauerhaft attraktiv gestalten?

Als Vorbild empfehle ich uns allen, sich mit dem intensiv auseinanderzusetzen, was Steve Jobs machte, als er 1996/1997 zu Apple zurückkehrte, in einer Phase, wo das Unternehmen am Abgrund stand. Jobs hat sich persönlich darum gekümmert, die „Core Values“ von Apple zu benennen und wieder zu beleben. Er prägte das „Communication First, Products Second.“ Und transformierte Apple zu einem Plattform-Betreiber für den „Digital Lifestyle“, das dadurch zum wertvollsten Unrernehmen der Welt werden konnte.

Die Idee, die DRUPA nicht mehr nur als Markplatz in Messehallen, sondern als Plattform für Erfolg mit Print zu begreifen, gefällt mir gut. Diese Plattform muss analog wie digital funktionieren, persönliche Begegnungen mit virtuell-digitalen Interaktionen zu mischen. Und alle involvieren, die sich dem Thema ‚Erfolg mit Print’ verpflichtet fühlen.

Klingt das nach der Quadratur des Kreises? Ich glaube nicht.

Gerne fordere ich zu aktiven, kreativen Beiträgen und Diskussionen auf und gebe mein Bestes, um dies mit INKISH D-A-CH und meinen INKISH-Kollegen zu unterstützen.

PS: Momentan kann man gerade in der D-A-CH-Region viel lernen.  Große Messen wie die IFA in Berlin oder die Buchmesse in Frankfurt am Main gehen neue Wege, die für die Weiterentwicklung der DRUPA als Ideen- und Impulsgeber dienen können.

 


 

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