Gastkommentar: Der Run auf die Verpackung
Von Klaus-Peter und Julius Nicolay, Chefredaktion Druckmarkt
http://www.druckmarkt.com
Fast könnte man glauben, in der Druckindustrie drehe sich alles nur noch um die Verpackung. Eine Veranstaltung zu diesem zweifellos hoch interessanten Thema jagt die andere, Heidelberg kauft sich in den Etiketten- und Faltschachteldruck von Gallus ein, Digitaldruckmaschinenhersteller visieren den Markt an und auch die Kartonhersteller geben Gas. Alle Zeichen stehen also Richtung Verpackung.
Und die Verlockung scheint groß. Viele Hersteller (vor allem aus dem Lager der Hersteller von Digitaldruckmaschinen) bewerben den Markt der Verpackung gegenüber ihren Kunden als lukrative Wachstumsbranche, die Platz für neue Geschäftsmodelle biete und damit auch gut für neue Umsatzquellen sei. Dieses Werben ist durchschaubar, denn natürlich sollen auf diese Weise Maschinen verkauft werden.
Es ist also sehr wohl nachzufragen, wie groß dieser Markt eigentlich ist? Ist er wirklich groß genug für alle Teilnehmer, die jetzt zusätzlich auf diesen Zug aufspringen wollen? Dabei bleiben doch einige Fragezeichen. Denn trotz der prognostizierten 3,3% Wachstum über die nächsten Jahre geht es auch im Verpackungsmarkt um Verdrängung. Es wird über kurz oder lang ein Hauen und Stechen geben wie im Akzidenzmarkt. Wenn es nicht längst eingesetzt hat. Denn warum sonst schließen sich große Verpackungsdruckereien zu noch größeren Einheiten zusammen?
Dass die Auflagen im Verpackungsdruck kleiner werden und ein Trend zu Print-on-Demand beziehungsweise Wiederholungsaufträgen mit kleinen Auflagen eingesetzt hat, ist unbestritten. Produkte mit unterschiedlichen Modellvarianten tun ein Übriges ebenso wie saisonale Verpackungen zum Valentins- und Muttertag, zu Ostern, Weihnachten oder zu Großveranstaltungen wie der Fußball-WM (unser Titelbild zeigt eine typische Anwendung, wie sie zur EM 2012 produziert wurde). Solche Marketing-Aktionen splitten die Großauflagen, an ihre Stelle treten zeitlich begrenzte Verpackungen mit vergleichsweise kleinen Auflagen. Die Zahl der Jobs steigt, die Menge nicht. Doch selbst die kleinen Auflagen, von denen die Rede ist, sind für den Digitaldruck immer noch zu groß, um dem Offset Paroli zu bieten (siehe auch unsere Beiträge ab Seite 14). Das versprochene Wachstum für digital hergestellte Verpackungen muss also auf andere Weise generiert werden. Und das geht nur über neue Ideen, neue Angebote und vielleicht eine neue Form der Verpackung und deren Vermarktung. Um entsprechende Geschäftsmodelle zu entwickeln, sind aber in erster Linie Marktkenntnisse und eine gehörige Portion Grips notwendig. Mit Maschinen alleine – auch wenn sie noch so digital sein mögen – lässt sich das nicht bewerkstelligen.
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