Love. Art. — DIE KUNST ZU LIEBEN.

Love. Art. Collage

Gesamtansicht und Detail aus dem Gemälde “Love. Art.” von Anna Grau, entstanden Ende des Jahres 2017. Öl auf Leinwand, 120 x 90 cm.

 

Von Andreas Weber

Auftragsarbeiten sind bei der in Berlin lebenden Malerin Anna Grau eher die Ausnahme. Die Malerin gibt sich am liebsten ihre Themen selbst. Weibliche Figuren. In der Natur. Vor subtil ausgewählten Kulissen, im Raum, im und auf dem Wasser, vor monochromem/farbigem Hintergrund. Nur selten ganzfigurig. Stets ausdrucksstark. Anna Grau beherrscht die Kunst, in leisen Tönen komplexe Bildergeschichten zu erzählen. Sie bildet ein Thema nicht nur ab, sie erzählt als Malerin darüber. Ganz intim. Ganz subtil. Mit vollendetem Farbempfinden. Mit Leidenschaft und Einfühlungsvermögen. Mit Sinn für das Wirkliche, das uns in der vermeintlichen Realität verloren geht.

Der Auftragsarbeit “Love. Art.” gingen über zwei Jahre intensive Gespräche und ein wahrer Strom an weitreichenden, tiefgründigen Gedanken im Austausch voraus. Gegenstand war der Gemäldezyklus “Lilith — die Getarnte”, der bis dato sieben Gemälde umfasst, dem noch weitere zwei oder drei Ölbilder folgen werden. Die Bilder bilden zugleich die Basis für ein umfassendes interaktives Projekt zudem bereits erste Publikationen vorliegen. 

 

LOVE.ART

Dem Gemälde “Love. Art.” liegt eine Programmatik zugrunde: Die Kunst zu Lieben. Einfach nicht in Worte zu fassen!”, die malerisch durch das Porträt des Ehepaars Gunda Vera Schwarz und Andreas Weber erfahrbar werden sollte.  


 

Porträtkunst hat eine lange Tradition. Das Ehepaar-Porträt geht in den neuzeitlich-westlichen Kultur im Wesentlichen auf Jan van Eyck (das Arnolfini Doppelbildnis von 1434, Öl auf Holz, 81,8, x 59,7 cm, National Gallery, London) zurück. Fortgeführt von Peter Paul Rubens und Frans Hals entstanden insbesondere im Humanismus individuelle, nicht mehr exemplarhafte Darstellungen, die sich über die Doppelbestimmtheit der Figuren auf sich selbst und auf den Betrachter definieren. Monotonie durch bloße Aufreihungen müssen vermieden werden; zugleich gilt es beim Ehepaar-Bildnis “zwei völlig gleichwertige und selbstständige Menschen verschiedenen Geschlechts porträthaft in einem Bilde zu vereinen, ohne entweder den einen dem anderen überzuordnen oder, bei völliger Gleichordnung beider, den Eindruck der Bildgeschlossenheit oder Porträthaftigkeit (…) zu schädigen.“ [Zitat nach: Schöne, Wolfgang: „Peter Paul Rubens- Geißblattlaube, Ehebildnis des Künstlers mit Isabella Brant“, S. 15; Reclam Verlag: Stuttgart (1956)]. — Letztlich zeigte die Entwicklung in der Malerei (von Albrecht Dürer bis Hyacinthe Rigaud und Jean Auguste Domonique Ingres bis zu Picasso), daß das Wesen der Porträtkunst nicht die Legitimation einer familiären oder dynastischen, repräsentativen Tradition sein kann, sondern durch das Wesen, Wirken und Wertesystem der Dargestellten geprägt ist. Nicht zuletzt deswegen nimmt das Porträt in der Fotografie einen so hohen Stellenwert ein. [Siehe dazu: ‚Mit anderen Augen – Das Porträt in der zeitgenössischen Fotografie‘, im Kunstmuseum Bonn]

 


 

“Love. Art.” als Programmatik

In dieser kulturell hochentwickelten Tradition der Porträtkunst kommt dem Gemälde “Love. Art.” von Anna Grau zweifellos ein angemessen-wichtiger Stellenwert zu. Vor allem durch eine Besonderheit: Das dargestellte Paar muss nicht erst zueinander finden oder gar seine Zuneigung zur Schau stellen; es wendet sich sym­bi­o­tisch an den Betrachter. Mit einer konkreten Botschaft. Die Bildkomposition wirkt einfach, fast plakativ, ist aber feinsinnig ‘ausgeklügelt’: Die Raum-Konstruktion und die  kontrastreiche Farbgebung bewirken, dass die Kulisse sowie das Licht- und Schattenspiel die Wirkungseffekte im Erfassen des dargestellten Ehepaares und seiner Botschaft verstärkt.

Die Figuren sind unterschiedlich akzentuiert. Die seitlich gezeigte Frauenfigur ist dem Betrachter näher — mit dem außergewöhnlichen Profil zieht sie die Blicke auf sich. Die männliche Figur erscheint dem Betrachter zugewandt. Beide halten die namensgebenden Worte in Händen: Love. Art. Liebe und Kunst als Begriffe, die eine mehrfache Bedeutungskombination eingehen. Die Liebe zur Kunst sowie die Liebe durch Kunst führen zu Die Kunst zu Lieben. Einfach nicht in Worte zu fassen!”.

Das Bildformat, das mit 120 cm unterlebensgroß angelegt ist, sowie der Umstand, dass das Paar in einem abgeschlossenen Raum erscheint, schafft Nähe, Intimität und vermeidet Distanz und Unnahbarkeit. Das an und für sich räumlich trennende, durch die Bildkomposition aber tatsächlich verbindende “Zwischenwand-Element” entpuppt sich für Kenner als Skulptur. Von Richard Serra. Aus der Berliner Sammlung Hoffmann, einem einzigartigen Ort, der Kunst und Lebensraum als Einheit erfasst.

 


 

Video-Animation

 

 


 

Love.Art. Text.

 


 

 

2 comments
  1. Ihr werdet es nicht glauben, aber mein erster Eindruck war:
    Krimi, England , 20er Jahre.
    Dann :Zwei Menschen, getrennt durch eine Wand, die ihre realen Bedürfnisse nicht erfüllt bekommen und durch die Schilder, mit traurigen, fast versteinerten Gesichtern , auf ihre Not , ihr Bedürfnis nach LIebe (Andres), und Kunst (Gunda) aufmerksam machen.
    Die gewählten Farben tragen noch dazu bei
    Wie heißt es im Leben so schön:der erste Eindruck zählt oft mehr als tausend Worte !!!!!
    Lieber andreas, es ist ein schönes Bild, aber eure Erklärungen dazu haben mich auch bei mehrmaligem lesen nicht überzeugen können.
    Lieben Gruß von Brigitte

    • valuetrendradar said:

      Großartig! Love.Art. als TATORT (aus den wunderbaren 20er Jahren)! Das gefällt mir, liebe Brigitte! Und auch Otto Dix hätte seinen Spaß daran.

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