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Fachjournalist Titel

Morten B. Reitoft spricht in einem LinkedIn-Post einen wichtigen Aspekt an: Wie gut ist unsere Fachpresse-Berichterstattung für Print & Publishing (inkl. Papier und Substraten aller Art). Und wem nutzt das bzw. welcher Nutzen entsteht?

— Was denkt Ihr? Kommentare erwünscht! —


Morten auf LinkedIn am 13042023Morten auf Linkedin am 14042023


 

Kritische Analyse von Andreas Weber

 

Mein POV: Ich gebe Morten völlig recht!

Zu oft werden Pressemeldungen der Industrie unverändert publiziert sowie Berichterstattung von Anbietern bezahlt. Zudem bestimmen die Anbieter gemäß ihrem Marketingplan die Themen, die in den Medien behandelt werden. Was für Leser, sprich die Beschäftigten in den Druckereien sowie deren Kunden, wirklich relevant wäre, findet so gut wie keine Beachtung.

Als dient der Nutzen der Fachmedien gar nicht dem Leser, sondern nur dem Anbieter, quasi als durchgängige, selbstverliebte  Nabelschau und Selbstbeweihräucherung.

Zur Qualität des Fachjournalismus orientiert sich Morten an den bekannten allgemein gültigen „Sieben News Criteria“:

„Timeliness · Proximity · Impact · Prominence · Oddity · Relevance · Conflict“

Das ist gut so. Aber m. E. geht es nicht nur um News, sondern um umfassende Berichtsertattung in Form von Analysen, Bewertungen, Kommentaren, Marktszenarien etc. — Sprich alles, was dem Leser erlaubt, Dinge einordnen zu können bzw. Orientierung zu finden.

Hinzu kommt, wie diese Form des massiven Anbieter-Lobbyismus nicht nur die Qualität der Berichterstattung herabsetzt, sondern auch dazu führt, dass eine unabhängige Berichterstattung nicht mehr möglich ist, weil Finanzierungsmodelle fehlen.

Die meisten Fachmedien bestehen aus Gratis-Angeboten für den Leser/User. Das heisst, für den Konsum von Inhalten wird nicht bezahlt. Warum auch, wenn die Inhalte über die Anbieter selbst und ihre PR-Agenturen verfügbar gemacht werden? Bzw. sie nicht die Interessen der Leser treffen…

Fakt ist zudem, dass ein Großteil der Fachpresse-Berichterstattung über Events erfolgt, zu denen die Anbieter die Journalisten einladen und die Reisekosten (oft auch mit Zusatzwünschen) bezahlen. Streng genommen ist dies eine Form der Vorteilsnahme resp. sogar Bestechung, die zum Beispiel vom Axel Springer Verlag als Nummer 1 in Europa schon vor über 10 Jahren stigmatisiert wurde und das Unternehmen seinen Journalisten dies ausdrücklich verboten hat.

„Ausgewogenheit, Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit“

Die Deutsche Journalisten Akademie bezieht dazu wie folgt Stellung: Qualitätsjournalismus sei gefordert, gemeint sei damit ein Schlagwort, das die professionelle Redaktion vom Laienjournalismus abgrenzen soll, deren Inhalte meist kostenlos verfügbar sind.

Und weiter: „Die journalistische Berufsethik entspricht den Kriterien für den sogenannten Qualitätsjournalismus“. In Einzelnen wird genannt:

  • Wahrhaftigkeit
  • Sorgfalt bei Recherche und Dokumentation
  • Sachlichkeit bei der Berichterstattung
  • Unparteilichkeit im Konfliktfall
  • Argumentation statt Meinungsinflation
  • Ausgewogenheit, Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit
  • Vertraulichkeit

 

Folgende Faktoren können sich auf die Qualität journalistischer Arbeit auswirken:

  • Geld: Personalabbau, geringere Honorare
  • Zeit: Mehrarbeit und Zeitmangel
  • Routinen: zu wenig Recherche, routinierte Themenselektion
  • Recht: Einschränkung journalistischer Freiheit, inkonsequent umgesetztes Akteneinsichtsrecht, geschwächtes Urheberrecht
  • Bildung: mediale Elite als Ergebnis des Ausbildungssystems, Mainstream-Journalismus
  • Selbstverständnis: Vernachlässigung relevanter Themen durch mediale Elite, Prioritätenverlagerung vom journalistischen Selbstverständnis zum notwendigen Broterwerb
  • Public Relations: externe Einflussnahme, Abnahme der Trennung zwischen Redaktion und Werbung, Uneinigkeit journalistischer Berufsverbände bezüglich ethischer Prinzipien
  • Digitalisierung: Zunahme der Partizipation von Laien, Aushebelung der Gatekeeper-Funktion durch zunehmende Internetnutzung

Daraus lassen sich drei Kernprobleme für die Qualität journalistischer Arbeit ableiten:

  1. Geld- und Zeitmangel führen zu Qualitätsverlust.
  2. Einschränkungen der Berichterstatterfreiheit und interne sowie externe Einflussnahme beschneiden die journalistische Unabhängigkeit.
  3. Die gesellschaftliche Funktion des Journalisten verliert ihre bisherige Bedeutung.

Fazit

Bezogen auf die Print- und Publishing-Branche inkl. dem Markt der Bedruckstoffe ergibt sich ein m. E. überaus trauriges Bild, das in der Breite keinen Qualitätsjournalismus zuläßt. Tiefgehende, fundiert recherchierte Berichte gibt es kaum; stattdessen mehr oder weniger redigierte Pressetexte, die mitunter dann sogar unter dem Namen des Redaktionsmitglieds publiziert werden.

Die Wertschöpfungsoptionen der meisten Fachmedien sind antiquiert sowie limitiert und klammern Vertriebserlöse zumeist komplett aus. Im Ergebnis erhalten wir Gratismedienangebote mit zumeist gleichlautend-beliebigen, von der Lieferindustrie gesteuerten Inhalten.

Leserinteressen werden nicht evaluiert und kaum berücksichtigt. Ausnahmen bestätgen die Regel, wie zum Beispiel in Deutschland Fachmagazine wie Druck&Medien und Druckmarkt, sowie international die Angebote von Inkish.tv (Videoportal) und Inkish.news (offener Blog und Newsportal) oder aber die Fachbeiträge und Blogs von anerkannten Fachleuten wie Hamilton T. Costa und Rainer Wagner (LATAM), Ludovic Martin (Frankreich) und einigen anderen mehr.

Gerade durch Expertenblogs wird die Meinungsbildung und das Vermitteln aktueller Fachthemen deutlich geprägt. Im Übrigen belegt auch mein Blog Valuetrendradar.com seit dem Jahr 2012, dass relevante Stories ein großes Publikum weltweit erreichen, mit bis dato über 130.000 Nutzern aus mehr als 160 Ländern. Als erster Fachblog im Print-Sektor wurde Valuetrendradar.com 2015 von der Deutschen Bibliothek ISSN-zertifiziert und gilt damit als wissenschaftlich zitiertfähig. 

 


 

Druckblog Rainer Wagner.png


 

INKISH Team ChatGPT.001

The Print Champs Morten B. Reitoft & Jacques Michiels. Selfie by INKISH via LinkedIn

 

Druck und Papier treffen KI  – Teil 3   |   Link zu Teil 2  |   Link zu Teil 1

Kommentiert von Andreas Weber, Head of HI (Human Intelligence)

Besonders spannend ist für mich im nächsten Schritt meiner Analyse und Serie von Beiträgen, die automatisch und vollständig über #ChatGPT-4 generiert und nur von mir kommentiert werden: Es geht um Fachmedien im Speziellen und im Allgemeinen.

Sowie um die Frage: Gibt es Unterschied im Ergebnis, wenn ich ChatGPT in deutsch bzw. englisch befrage? Und ja, es gibt Unterschiede. Aber sehen Sie selbst. – Hey Morten, my dear friend, you will be surprised about your AI identity!

 

Fallbeispiel 1 zu Fachmedien für die Druckbranche – mit überraschendem Ende…

(Hinweis: Alle nachfolgenden Abfragen wurden über Version 4 von ChatGPT gemacht, und zwar am 22. März 2023, zw. 11h35 und 11h42).

 

Frage an ChatGPT: Welche Rolle spielen Fachmedien für Print?

Fachmedien spielen eine wichtige Rolle für Print, da sie sich auf eine spezifische Branche oder Fachgebiet konzentrieren und somit gezielte Informationen und Neuigkeiten liefern können. Fachmedien können als gedruckte Zeitschriften oder Magazine sowie als Online-Publikationen erscheinen.

Für Leserinnen und Leser, die in bestimmten Branchen oder Fachgebieten tätig sind, bieten Fachmedien eine wertvolle Informationsquelle. Sie können aktuelle Trends, Entwicklungen und Best Practices in der Branche verfolgen, sich über neue Produkte und Dienstleistungen informieren und von Expertenmeinungen profitieren. Fachmedien können auch dazu beitragen, das Wissen und die Fähigkeiten der Leserinnen und Leser zu erweitern und sie bei der beruflichen Entwicklung zu unterstützen.

Für Unternehmen, die in diesen Branchen tätig sind, können Fachmedien auch eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Marketingbotschaften spielen. Durch Anzeigen oder gesponserte Inhalte können Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen einem gezielten Publikum präsentieren und so potenzielle Kunden ansprechen.

Insgesamt können Fach [SIC!]

[HOPPLA! ChatGPT bricht abrupt ab mit einer FEHLERMELDUNG! Ist das ein Omen?]

Fachmedien Error 2023-03-22 um 11.35.39

 


 

Fallbeispiel 2 zu Ranking von spezifischen Fachtiteln und den Print-Fachzeitschriften – Kompliment an Bernhard Niemela und Klaus-Peter Nicolay!

Frage an ChatGPT: Welches sind national und international die wichtigsten Fachmedien für die Print-Industrie?

In der Print-Industrie gibt es verschiedene Fachmedien, die national und international von Bedeutung sind. Hier sind einige Beispiele:

National:

Deutscher Drucker: Eine der wichtigsten Zeitschriften für die Druck- und Medienbranche in Deutschland.

Druckmarkt: Eine Fachzeitschrift für die Print-Branche, die sich insbesondere an Entscheidungsträger in Druckereien und Agenturen richtet.

print.de: Ein Online-Portal mit aktuellen Nachrichten und Hintergrundberichten zur Print-Industrie in Deutschland.

International:

Printing Impressions: Eine der ältesten und bekanntesten Fachzeitschriften für die Print Industrie in den USA

PrintWeek: Eine britische Fachzeitschrift, die sich an Entscheidungsträger in der Druck- und Verlagsbranche richtet.

WhatTheyThink: Ein Online-Portal mit aktuellen Nachrichten und Marktanalysen zur Print Industrie weltweit.

Diese Liste ist natürlich nicht abschließend, aber sie gibt einen guten Überblick über einige der wichtigsten Fachmedien in der Print Industrie.

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Fallbeispiel 3 zu INKISH und meinem Freund Morten B. Reitoft – inklusive Zweisprachen-Testversuch mit recht unterschiedlichen Ergebnissen zwischen deutschem und englischem Resultat… — Morten, please feel free to post a comment! 

Frage an ChatGPT: Was gibt es wissenswertes zu INKISH und Morten B. Reitoft?

INKISH ist ein dänisches Medienunternehmen, das sich auf die Druck- und Medienindustrie spezialisiert hat. Das Unternehmen wurde von Morten B. Reitoft im Jahr 2016 gegründet und ist seitdem zu einem wichtigen Akteur in der Branche geworden.

INKISH produziert und verbreitet Inhalte in verschiedenen Formaten, wie z.B. Videos, Podcasts und Artikel. Dabei decken sie Themen wie Drucktechnologien, Geschäftsentwicklung, Nachhaltigkeit und Innovation in der Branche ab. INKISH verfügt über ein internationales Netzwerk und kooperiert mit zahlreichen Unternehmen und Organisationen in der Branche.

Morten B. Reitoft, der Gründer von INKISH, hat langjährige Erfahrung in der Druck- und Medienindustrie. Er arbeitete für verschiedene Unternehmen in der Branche, bevor er INKISH gründete. Reitoft ist auch als Redner und Moderator bei verschiedenen Veranstaltungen in der Branche tätig und setzt sich für Innovation und Nachhaltigkeit ein.

Im Jahr 2020 gründete Reitoft das INKISH.Nano Projekt [SIC!], das sich mit der Erforschung von Nanotechnologie in der Druckindustrie beschäftigt. Das Projekt soll die Entwicklung neuer Materialien und Technologien vorantreiben und die Druckindustrie nachhaltiger machen.

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What’s up with INKISH and Morten B. Reitoft?

INKISH is a media company that focuses on the printing industry, and Morten

B. Reitoft is the CEO and founder of INKISH. INKISH provides news, interviews, and educational content related to the printing industry, and has a strong presence on YouTube, where they produce video content about printing technology, trends, and business practices.

Morten B. Reitoft is a well-known figure in the printing industry and has been involved in various printing-related businesses for over 25 years. He is also a regular speaker at printing industry events and conferences, where he shares his insights and experiences about the industry.

Recently, Morten B. Reitoft has also been involved in advocacy efforts related to the printing industry. In 2021, he launched a campaign called “Print Powers America” to raise awareness about the importance of the printing industry in the United States and to promote the use of printed materials as a sustainable and effective communication medium.

 


 

Note: As far as I know “Print Powers America” is a campaign launched in 2018 by the US Association Printing United Alliance. See:

 

 


 

Potemkinsches Dorf

Quelle: Wikipedia

Dürfen Print-Fachmedien den Prinzipien eines unabhängigen Journalismus folgen? Oder müssen sie sich dem Diktat einer Art Hofberichterstattung unterwerfen? 

Für mich persönlich hatte sich diese Frage eigentlich von selbst erledigt, als ich während der drupa 2004 von der Stiftung Druck- und Papiertechnik den Hauptpreis für Fachjournalismus entgegennehmen durfte. In seiner Laudatio anläßlich einer Feierstunde erläuterte Bernhard Schreier, der damalige CEO von Heidelberger Druckmaschinen AG, die Begründung der Jury. Ich hätte mit kritischem Sachverstand relevante Branchenthemen behandelt und dabei stets über den Tellerrand geblickt, um Print in seiner vollen Bedeutung auch für die Print-Nutzer und Auftraggeber von Drucksachen erfahrbar zu machen.

Aktuell geraten diese positiven Erfahrungen ins Wanken. Mein Kollege Morten B. Reitoft, Chefredakteur von INKISH, Dänemark, wird mit juristischen Verfahren gedroht. Er hatte, gemäß seinem journalistischen Ethos und auf Basis umfangreicher Recherchen über eine Firmenakquisition herausgefunden, dass der Käufer anscheinend und aus meiner persönlichen Sicht das Prinzip der Potemkinschen Dörfer nutzt, um einen Deal herbeizuführen und dem Verkäufer ein überproportional guten Kaufpreis in Aussicht zu stellen. Bei dem vielen Geld ging offensichtlich beim Verkäufer der Blick für die Realität verloren.

Dumm gelaufen, könnte man sagen. Aber: Bei dieser Akquisition ist soviel im unklaren und hochbedenklich, dass es Schaden verursachen kann: Schaden für die Anleger des börsennotierten Verkäufers ebenso wie für die Mitarbeiter des vom Verkauf betroffenen Unternehmens.

Zudem hat der Verkäufer bis dato nichts unternommen, sich offen in dieser Sache zu äußern bzw. mit Fakten zu belegen, dass die Recherche-Ergebnisse von Morten B. Reitoft tatsächlich unbegründet oder sogar falsch seien. Bei einer Klage wird zunächst nur mit Anschuldigungen operiert. Beweisen muss der Klageführer zunächst nichts. Behauptungen genügen. Und gekoppelt mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung soll massiv Druck aufgebaut werden.

Das bringt einen neue Qualität in die Diskussion um die Unabhängigkeit der Print-Fachpresse, die gravierende Auswirkungen hat. Denn der Rechtsmittel nutzende Verkäufer ist ein milliardenschweres Unternehmen, das Fachmedium naturgemäß eine kleine, feine, Inhaber-geführte Firma. Allerdings mit dem Asset, ein starkes globales Netzwerk und viele zehntausende Leser und Nutzer nutzen zu können; und von Werbeeinnahmen abhängig zu sein. Klingt sehr nach David gegen Goliath. Und wie das ausgegangen ist, wissen wir ja.

Für mich als Journalist und Analyst heisst das aber: Ein börsennotiertes Unternehmen, das so agiert, steht nicht mehr auf meiner Favoritenliste. Es hat sich selbst ins Abseits katapultiert. Natürlich werde ich, der Wahrheitsfindung dienend, genau verfolgen, wie der Vorfall ausgeht und sich weiter entwickelt.

 


 

Hinweis: Bemerkenswert in diesem Kontext: Anders als Deutschland steht Dänemark im Ranking der Staaten, für die Pressefreiheit als ein hohes Gut ganz vorne dabei. Siehe den Bericht von Reporter ohne Grenzen — “Spitzenreiter und Schlusslichter: An der Spitze der Rangliste der Pressefreiheit steht zum vierten Mal in Folge Norwegen, den zweiten Rang nimmt unverändert Finnland ein. Dänemark rückt auf den dritten Rang vor (+2)”. Deutschland rangiert unter den Top-20 nur auf Platz 11.

 


 

Lese-Tipp: Human rights and a changing media landscape. Foreword by Thomas Hammarberg”

 

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ValueCheck Shakespeare Irrtum Novermber 2018.001

Von Andreas Weber, Head of Value

#Think!Paper Edition 1, Volume 7

Auch mehr als eine Dekade nach dem Aufkommen von Social Media und den damit verbundenen dramatischen Veränderungen in der Kommunikation tut sich insbesondere die Print-Branche schwer mit der neuen Art, Geschäftskommunikation zu betreiben. — Aber: Moderne Zeiten profitieren von Rückbesinnungen. Und da kann ein Topos des Schriftstellers und Vordenkers William Shakespeare hilfreich sein: Im Drama Romeo und Julia spielt der Satz Es war die Nachtigall und nicht die Lerche eine wichtige Rolle. Shakespeare zielt dabei auf den Irrtum bzw. die Verwechslung ab. Und zeigt die fatalen Folgen auf.

Warum ist das wichtig? Nun, die Geschichte der Kommunikation und speziell von Print ist gespickt mit Irrtümern. Das ist gut so, wie der Frankfurter Hirnforscher Henning Beck betont. Denn: Irren ist nützlich. — Allerdings: Fundamental-Irrtümer sind schädlich. Und hier erreichen wir momentan einen heiklen Kulminationspunkt. Dem gehen wir mal auf die Spur!


Digitalisierung in Bayern IMG_2732

Ohne Worte! Und sicher kein Irrtum. Haha!


Fundamental-Irrtum 1: Plattformen werden als Kanäle gesehen

Die meisten reden von neuen oder digitalen Kanälen, gerade so, wie in der alten Welt von TV, Radio oder Zeitungen/Magazinen, die unisono mit Inhalten bespielt werden. Kanäle dienen dazu, unternehmensbezogene Informationen zu pushen und möglichst große Reichweite zu erzeugen.

Erfolgstreiber sind bei Social Media aber ausschließlich Service-orientierte Plattformen wie Facebook, Twitter, Instagram, LinkedIn, Youtube, XING und andere. Ihnen zur Seite stehen ausgefeilte System-Plattformen wie Amazon, Apple/iTunes oder eBay. Hier wird „Interaktion durch Konversation“ in den Mittelpunkt gestellt werden, um sich smart ins Gespräch zu bringen und als attraktiver Partner für Innovation und Transformation zu profilieren. Präzise, für Zielpersonen relevante Botschaften, gute Verschlagwortung und schnelles Feedback erzeugen fokussierte Aufmerksamkeit, Nachfragen und Transaktionen.

Fundamental-Irrtum 2: Meine Inhalte sind für alle(s) gut!

Druckereien wie auch ihre Lieferanten, die noch im Kanal-Denken behaftet sind, gießen ihre Inhalte unverändert über alles aus, was sich ihnen bietet. Es wird dabei zumeist über das informiert, was man tut und kann, aber nicht über das eigentlich wichtige, den Nutzen, der sich im B2B für die Kunden und deren Kunden ergibt, um zukunftssicher Drucksachen im Digitalzeitalter einsetzen zu können.

Hinzu kommt der fast schon hemmungslose Umgang mit Inhalten. Beispiel: All diese Testimonial-infizierten, teuer produzierten Stories und Videos, die zeigen, wie ein Druckmaschinen-kaufender Kunde in großer Bedrängnis war und fast den Zug der Zeit verpasst hätte. Nunmehr, Gott sei Dank, durch Lieferant XYZ die neusten, bahnbrechenden Innovation installieren konnte, um wieder auf der Höhe der Zeit zu sein. — Puh. Mal abgesehen davon, dass ich einer solchen Druckerei nicht zutraue, sich und die Zukunft im Griff zu haben, darf der Lieferant ein solches Video vielleicht noch in Verkaufsmeetings anderen Druckereien zeigen, aber keinesfalls durch YouTube, Facebook oder LinkedIn öffentlich mache, da es bei kundigen Auftraggebern die Druckerei blamiert.

Fundamental-Irrtum 3: Was als neuer Trend propagiert wird, ist längst ein alter Hut.

Man kann gar nicht wissen, was man nicht weiß! Oder? — Wer heute nicht über Social-Media-Plattformen bestens vernetzt ist und hochaktuell sein Wissen anreichert, wird kaum noch nachvollziehen können, was tatsächlich richtig und wichtig ist.

Ein aktuelles Beispiel mit dem Charme des „Gutgemeint ist das Gegenteil von gut!“: Das Print-Fachmagazin Swiss Print+Communication wartet in Ausgabe 10-2018 mit einer kessen Titelstory auf: „Social Media: ein Drucksachengenerator.“ Das ist im Prinzip zutreffend. Aber ohne Neuigkeitswert, da seit längerem bekannt, vor allem im Bereich des Fotodrucks für Postkarten, Poster, Wandtapeten etc. Oder des Bücherdrucks aus Wikipedia oder aus Facebook-/Instagram-Chroniken. (Siehe den Bericht zum Start-up Passbook aus dem Jahr 2016). 


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Seiten aus der Titelgeschichte des Fachmagazins Swiss Print+Communication, Ausgabe 10-2018.


Zweifellos, das hat den Digitaldruck in der Social Media-Welt äußerst attraktiv gemacht, da man per Mouseclick oder Fingertip sogar per Smartphone oder Tablet seine eigenen / ausgewählten digitalen Inhalte hochwertig im Print repräsentieren kann. Das Virtuelle wird zum Realen. Bingo!

Darauf wird aber in der genannten Titelstory gar nicht abgezielt, sondern auf YouTuber, die zu ‚BookTuber‘ stilisiert werden. Die Logik dahinter: YouTuber mit Millionen Followers, die Bücher publizieren, werden für Verlage attraktiv, um neue, junge Zielgruppen zu erschließen.

Richtig ist aber vielmehr: Blogger wie z.B. der hoch angesehen Marketing-Experte Mark Schaefer publizieren begeistert seit über 10 Jahren Bücher. Im Eigenverlag per Amazon. Und schaffen es sogar in die New York Times-Bestsellerlisten. Und vor allem: Was Verlage auf diesem neuen Weg erreichen können, erscheint als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Denn — und das wird im genannten Artikel verschwiegen — Buchverlage haben massiv Leser/Buchkäufer verloren (alleine in Deutschland mit über 6 Millionen fast 20 % der Buchkäufer); diese investieren ihr Zeitbudget lieber für YouTube-Videos oder Angebote aus Mediatheken und Streaming-Plattformen wie Netflix. Was bedeuten da, 80.000 Bücher des Debütromans einer Bloggerin, die in einer Woche über die Ladentheke gehen? Aus der Verlagsecke, das hat die Frankfurter Buchmesse 2018 deutlich gezeigt, fehlen darauf Antworten und/oder zielgerichtete Strategien und erfolgversprechende Maßnahmen.


Learning: Der Teufel steckt im Detail!

Keine Frage: Es ist zwingend, einen eigenen Weg zu finden, um Kunden und Interessenten medial direkt anzusprechen. Und es gibt auch sinnvolle Möglichkeiten. Nur: Es werden teils wirre Thesen vertreten und kolportiert, wie: „Print ist eines der emotionalsten Medien“, die in die Irre führen. Emotionale Medien kann es gar nicht geben, da Gefühle nunmal Lebewesen vorbehalten sind. Richtig ist dagegen: Print kann Menschen emotionalisieren. Das ist aber ein anderer Sachverhalt als der aus der falschen Behauptung und wäre gerade im Digitalzeitalter das zündende Argument. 

Aus #Think!Paper-Sicht stellt sich die Frage: Wem soll all das nützen? Warum tragen so viele, auch auf Experten- und Fachebene, mit  ungebremstem Feuereifer zur Ausdehnung von Verwirrung und Fundamental-Irrtümern bei? 

Das Fazit: Viele folgen dem Prinzip ‚Gewollt, aber nicht gekonnt‘. Wesentliches in der Kommunikation wird nicht verstanden, da Social Media und Multichannel bei Druckereien wie auch bei ihren Lieferanten kaum richtig bewertet bzw. eingesetzt werden. Wie sonst könnte man darauf kommen, Social Media als Erweiterung von überkommendem Direktmarketing und damit als neuen Push-Kanal zur Informationsvervielfältigung dessen zu nutzen, was man auch „klassisch“ z. B. über Pressemitteilungen absondert? 

Das Wesentliche ist doch, die Befindlichkeit der Einzelnen auf den unterschiedlichen Plattformen zu evaluieren und darauf einzugehen, was problemlos geht, da Social Media erlaubt, Marktforschung in Echtzeit zu betreiben. Damit könnte der neuen Maßgabe gedient werden, die das Digitalzeitalter zwingend macht: Nicht was ich kundtun will, ist relevant, sondern das, was ich lernen kann durchs Zuhören, Diskutieren, Durchdenken, Bewerten usw., um daraus kundenorientierte Angebote Maßschneidern zu können.


#Think!Paper Ratschläge

  1. Position überdenken — Perspektive wechseln!
  2. Fundamental-Irrtümer unterlassen.
  3. Sich persönlich durch aktive Social-Media-Arbeit kundig machen, um einen klaren Fokus zu finden. 
  4. Das Wesen moderner Kommunikation im Digitalzeitalter verinnerlichen: „Interaktion durch Konversation“ in den Mittelpunkt stellen und stringent verfolgen, um sich smart ins Gespräch zu bringen und als attraktiver Partner für Innovation und Transformation zu profilieren. 
  5. Nicht mehr den falschen Propheten folgen, sondern lieber eigene Wissensnetzwerke aufbauen.
  6. Angesichts der Tatsache, dass sich im Zuge der Transformation der Print-Branche die bereits enorm große Komplexität noch steigert, z. B. durch Themen wie Künstliche Intelligenz, IoT, Blockchain etc., sind kontinuierliche Konversationen in Netzwerken und auf Plattformen zwingend. 

Wer das tut, wird schnell angenehm überrascht sein und wandelt sich im besten Fall zum exzellent vernetzten Wissensarbeiter!


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EPILOG

Ich weiß [angeblich] Bescheid und mach Euch schlau!

Der nach eigenen Angaben führende Branchen-Fachverlag Deutscher Drucker veranstaltet im November 2018 ein Executive Meeting inkl. Executive Report sowie Executive Webinar: „Die 100 wichtigsten Kommunikationskanäle in der Druckindustrie“.


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Screenshot aus print.de / Deutscher Drucker

In der Ankündigung heisst es: „Marketingverantwortliche haben die Qual der Wahl: Welche Kanäle sollen mit welchem Content bespielt werden? Wie erreicht man am besten seine Zielgruppe? Bei einem exklusiven Meeting am 21. November 2018 in Frankfurt/Main erhalten Marketingentscheider eine Menge wertvolle Informationen und Anregungen für Ihre Kommunikation und Werbung.

Gerade im Aufgalopp von großen Messen wie etwa Fespa, Drupa und Labelexpo ist es extrem nützlich, einen Wegweiser durch den Multichannel-Dschungel zu bekommen. Bei dem Meeting lernen Sie, wie Sie Ihre externe Kommunikation optimal auf die eigenen Unternehmensziele abstimmen können. Alle Teilnehmer erhalten einen wertvollen gedruckten Report, in dem auch die 100 wichtigsten Kommunikationskanäle der Druckindustrie bewertet werden. Melden Sie sich rasch an! Die Plätze sind begrenzt. Maximal 25 Teilnehmer können dabei sein.“


Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt, wie der Kollege Knud Wassermann aus Wien anmerkt. Wassermann, selbst Chefredakteur einer Fachzeitschrift, kritisiert: „Es gibt aber auch, wie ich meine, Grenzen. (…)  Ein Verlag nimmt es sich heraus zu sagen, welche Werbekanäle, Fachzeitschriften, Influencer und Kommunikationsagenturen etc. relevant sind und welche nicht. Auf Nachfrage versicherte mir ein Vertreter des Verlags, dass man vor allem den KMUs aus der Lieferindustrie die Zusammenhänge aufzeigen wolle, mit denen sie nicht vertraut seien, jedoch kennen möchten und sollten. Ein Schelm, wer denkt, dass die verschiedenen Kommunikationskanäle des Deutschen Drucker dort die Poleposition einnehmen. Wie die Schwaben so treffend sagen würden, das Ganze hat einfach ‘a Geschmäckle’. Eine Bewertung können nur LeserInnen treffen, das sollte man trotz der schwierigen Lage der Fachzeitschriften nicht vergessen.“

Klaus-Peter Nicolay, Verleger und Chefredakteur DRUCKMARKT, schlägt sogar noch deutlichere Töne an: Zur Prostitution gezwungen? Wie ist es um die Glaubwürdigkeit der Fachpresse bestellt?“, titelt er. Und führt fort: Diesem Verlag ist jegliche Fähigkeit zur neutralen Berichterstattung abzusprechen. Die massive Vermischung eigener Interessen mit denen der Industrie ist Cash-Fachjournalismus, der nur als Prostitution bezeichnet werden kann.“

 

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Foto: Screenshot aus druckmarkt.com

 

Den mega-großen Fundamental-Irrtum sprechen aber auch Wassermann und Nicolay nicht an: Es gibt gar keine ‚100 wichtigsten Kommunikationskanäle‘, die für die Druckindustrie relevant sind.

Wichtig ist es vielmehr, zu verstehen, dass es im Wesentlichen um das Interagieren mit/auf Plattformen und individuell-spezifische Anforderungen der Nutzer vor allem per Mobile geht. Sogenannte ‚Kanäle‘ haben da überhaupt keine Relevanz.

Mal abgesehen davon, dass es tatsächlich ein ‚Geschmäckle‘ hat, wenn ein vom Anzeigen-Verkauf lebender Print-Fachverlag sich zum umfassenden Kommunikations-Berater stilisiert, der im Zweifelsfall das eigene Angebot propagieren muss: Woher soll die kommunikative Kompetenz kommen? Aus meiner Sicht repräsentiert das Angebot des Deutschen Druckers selbst nicht den Stand der Zeit oder gar das Maß aller Dinge. Ein Print-Titel ohne IVW-Listung, der immer weniger Leser und damit Auflage hat und Digitaldruck-Innovationen nicht für den eigenen Bedarf sinnvoll einzusetzen weiss; eine Website mit erstaunlich wenig Traffic; und eine Twitter-Nutzung, die weitgehend wirkungslos bleibt (ohne Interaktionen) und keinesfalls inhaltlich professionell daher kommt (meist nur Botschaften aus dem Unisono-Fundus, die sich aus PR-Meldungen ableiten, keine sinnvolle Verschlagwortung, um den Kontext herzustellen, keine sinnvollen Verlinkungen etc.).

Dies alles im Verbund mit einer Headline, die auf die falsche Fährte lockt, erscheint bedenklich!


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Von Martin Spaar, Herausgeber und Verleger PUBLISHER

Zum 25-jährigen Jubiläum des PUBLISHER versammeln wir auf der Frontseite alle bis heute erschienenen Digitaldruck-Covers. Als wir vor 13  Jahren das erste individualisierte Cover mit einem verschneiten Smart und dem Vornamen des Empfängers auf der Windschutzscheibe brachten, schlug das ein wie eine Bombe. 

Seither demonstrierten 80 Covers mit Digitaldruck- oder Veredelungsspezialitäten die prägende Wirkung der ‚Verpackung‘ und gaben unserer Zeitschrift von Ausgabe zu Ausgabe einen ganz speziellen Auftritt.

Und trotzdem: Auch bei diesem Heft sind mit dem Cover nur gut fünf Prozent des Umfangs digital gedruckt, der ganze Heftinhalt ist wie schon vor 25 Jahren im Offsetdruck produziert. Auch im gesamten Markt fristet der Digitaldruck so gesehen erst ein Nischendasein – Offset dominiert volumenmässig überdeutlich.

Dies dürfte sich jetzt jedoch rasch ändern, indem Rollen-Inkjet-Systeme den Digitaldruck bezüglich Druckleistung in ganz neue Dimensionen katapultieren: Während heute gängige tonerbasierte Systeme gerade mal 80 bis 150 A4-Seiten in der Minute schaffen, sind es bei Highspeed-Inkjetsystemen deren 1000 bis 2000!

Damit stehen wir an einem Wendepunkt zu einer neuen Ära des Publizierens, die auch dem PUBLISHER in einem neuen Zusammenspiel von Print und Digital spannende Perspektiven eröffnet.

Mit der April-Nummer hatten wir schon eine erste Ausgabe 100% digital produziert und Abonnenten die Möglichkeit gegeben, ein eigenes Inserat zu publizieren; so wurde jedes abonnierte Heft zum Unikat. Und auch für die kommende Dezember-Ausgabe heisst das Motto: 100% digital.

Wie im letzten Editorial schon ausgeführt, möchte ich nächstes Jahr die Verantwortung für diese digitale Transformation unserer Zeitschrift in frische Hände übergeben und damit eine neue Ära in meinem Leben lancieren. 

Dabei möchte ich mich jedoch keinesfalls ganz vom PUBLISHER und der Publishing-Community verabschieden – dafür ist mir beides zu stark ans Herz gewachsen. Aber mit sechzig etwas kürzer treten und auch den ‚analogen‘ Seiten des Lebens etwas mehr Platz einräumen, das darf schon sein!


 

Das Cover der neuen Ausgabe des PUBLISHER.CH

 

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Gastkommentar von Michael Seidl, Wien

Vorbemerkung: In unserer aktuellen ValueChecks zum Thema Printfachmedien haben sich bislang Johann Oberauer und Klaus-Peter Nicolay geäußert. Michael Seidl, Verleger und Chefredakteur für Print aus Leidenschaft, bringt seine Sicht der Dinge ein und wirft neue Aspekte auf. — Hinweis: Der Beitrag wurde erstveröffentlicht im Print & Publishing Online-Newsletter, Ausgabe vom 20.12.2017.

Die Medienwelt ist in einer gewaltigen Umbruchphase. Das ist durchaus bekannt. Welchen Wert hat guter Journalismus heutzutage im Kampf mit kostenlosen Online-Diensten, die frech Content anderer grabben? Wie kann ein Magazin heutzutage existieren, wenn die Anzeigenumsätze rückläufig sind und Online-Angebote diese Umsätze bei weitem nicht kompensieren. Die Antwort? Verlage müssen wohl oder übel an den Kosten drehen. Die einen helfen sich damit, indem sie Journalisten kündigen und dann wieder in Form von de facto Einzelverträgen wieder einsetzen. Damit umgeht man mehr oder weniger elegant die kollektivvertraglichen Spielregeln. Oder Medien werden ganz einfach eingestellt (wie aktuell derzeit auch in der Druck- und Medienindustrie hierzulande). Aber was ist die Lösung? Das Problem ist, es weiß in Wirklichkeit niemand so genau. Denn für guten Journalismus braucht es Zeit für Recherche, die immer weniger zur Verfügung steht und demnach die Qualität von Medien leidet.

Viele Unternehmen, auch in der Druck- und Medienindustrie, dieser Industrie, verwenden mehr und mehr Social Media Kanäle, Newsletter oder poppen ihre Webseiten auf. Ich selbst habe dieser Tage reihenweise diese neuen, durchwegs ähnlich aussehenden Newsletter erhalten. Das ist für uns grundsätzlich ja kein Problem, da dies Teil unseres Berufes ist, Informationen zu erhalten und zu verarbeiten. Aber stellen Sie sich nun einen Unternehmer vor, der mittlerweile von vielen Anbietern per Newsletter oder Social Media „digital bombardiert“ wird, um seine Gunst zu erlangen. Kann es sein, dass einige von diesen Empfängern das „digitale Handtuch“ werfen, weil sie einfach überlastet sind? Tut es dann doch nicht gut, wenn es Medien gibt, die aus dem „digitalen Schlachtfeld“ die richtigen Informationen filtern und aufbereiten? Und diese Arbeit sollten sich die Firmen und Konsumenten auch etwas kosten lassen.

 

Michael Seidl ist nicht nur international agierender Print-Fachzeitschriften-Verleger, sondern auch Mit-Initiator und Veranstalter des seit fast einer Dekade ambitioniertesten Print-Wettbewerbs in Europa: Golden Pixel Award. 


 

Marlene Auer, Chefredakteurin vom Horizont [Ausgabe für Österreich], formulierte es kürzlich treffend, indem sie meinte: „Ein Cappuccino in der Wiener Innenstadt kostet je nach Lokal im Schnitt rund vier Euro, ein Abo einer Print-Zeitung rund 20 bis 30 Euro im Monat – mit einer einzigen Tankfüllung eines Mittelklassewagens kann man also schon zwei Monate Zeitung lesen. Digital-Abos sind nochmal günstiger. Ist das viel? Oder nicht viel? Ob etwas Wert hat, bestimmen Markt und Konsumenten. Der Unterschied: Konsumgüter wie Kaffee oder Rohstoffe wie Benzin werden konsumiert ohne großes Nachdenken. Bei Informationen hingegen sitzt das Geldbörserl offenbar weniger locker.“

Sie hat vollkommen Recht mit dieser Aussage, und ich finde sie gut, da ich mir dies auch manchmal denke. Wie viele PRINT & PUBLISHING Abos sind eine Tankfüllung für Mercedes, Audi, BMW und Co.? 

Trotz aller Wehklagen wegen der digitalen Einflüsse auf die Medienwelt… ich meine zudem, dass sich generell in den letzten Jahren die Einstellung und Wertschätzung für Medien und deren Vertreter geändert hat. Das wird bei Einladungen zu Presskonferenzen besonders sichtbar, wo Journalisten immer öfter auf die billigsten Plätze gebucht werden, verbunden natürlich mit der Erwartungshaltung, dass dieser eine möglichst coole Story abliefert. Man habe ihn ja letztendlich eingeladen… Derlei Beispiele gab es genügend in diesem Jahr. Macht das Spaß? Dem Journalisten nicht wirklich und dem Unternehmen, das einlädt, offensichtlich auch nicht, sonst würde es nicht so agieren. Und leider verkommt die Beschäftigung mit „Pressearbeit“ in vielen Unternehmen heutzutage (aus Kostengründen) zu einer Art „oh yeah, we have to do this“. (Journalistische) Beziehungen werden praktisch heute nicht mehr aufgebaut, ja schon … 5.000 Freunde auf Facebook oder 6.000 Follower auf Twitter, das genügt wirklich?

Kollege Andreas Weber hat Recht, wenn er meint, wir benötigen werthaltige Kommunikation über alle Ebenen hinweg, und Print ist integraler Bestandteil davon. Denn schließlich lebt diese – unsere – Branche von Druck und Systemen, die Druckwerke produzieren. Das vergessen leider heute manch namhafte Unternehmen der Zulieferindustrie (Stichwort: Verkaufen via Facebook), aber auch die Informationsempfänger, die es ebenso billig haben wollen. 

Was bleibt, ist die Hoffnung, trotz aller Diskussionen hinsichtlich digitaler Transformation, dass die Leistung von Medien wieder mehr geschätzt und damit bezahlt wird. Denn sie sind genauso Dienstleister, wie viele andere auch, nämlich Informationsdienstleister, die ihren Beitrag für eine aufgeklärte Gesellschaft leisten. Tagtäglich …

Ich wünsche Ihnen im Namen des PRINT & PUBLISHING Teams eine wunderbare Weihnachtszeit und viel Erfolg für das neue Jahr 2018. 



Herzlichst Ihr
, Michael Seidl 

 


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Kontakt:

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Testarellogasse 1/2
1130 Wien
Österreich

 


 

 

 

 

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Analyse und Kommentar von Andreas Weber, Head of Value

Klare Worte von Verleger Johann Oberauer, die ins Mark treffen: „Fachmedien für Print ticken seit Jahr und Tag alle ziemlich gleich. Sie verbreiten weitgehend die Nachrichten der [Zulieferer-]Industrie. Oft genug benutzen sie sogar denselben Wortlaut der jeweiligen Pressemitteilungen.“ — So geäußert im Oktober 2017 im Editorial von „Druck & Medien“. Und Anlass für einen ValueCheck zur Lage der Fachmedien für die Druckbranche.

Fakt ist: Kaum eine Branche ist seit Jahrhunderten gesellschaftlich, kulturell sowie wirtschaftlich so bedeutend wie die Druckbranche. Und gleichzeitig kommunikativ so ungeschickt und untalentiert. Denn: Branchenkommunikation über die eigenen Grenzen hinweg findet eigentlich nicht statt. Und innerhalb der Druckbranche kommt man eigentlich mit den Pressemeldungen der Hersteller-Industrie, der Fachmesse-Messeanbieter und der Verbände aus.

Dabei müssten nicht die Maschinen, sondern die Menschen, also die Drucker im Mittelpunkt stehen – und ihre drängenden Fragen, wie Johann Oberauer betont. Seinen Fachtitel ‚Druck & Medien‘ hat er darum komplett neu ausgerichtet und die Chefredaktion mit Sandra Küchler neu besetzt. Oberhauer will aus dem Kreislauf ausscheren, nicht mehr nur noch sozusagen als die verlängerte Werkbank von PR-Abteilungen und ihren Agenturen fungieren. Er möchte sein redaktionelles Angebot an der aktuellen und künftigen Situation der Leser aus der Druckbranche ausrichten und Antworten bieten für drängende Fragen:

  • Wie kann ich neue Kunden gewinnen oder bestehende noch besser betreuen?
  • Wie kann ich meine Erträge steigern – und muss ich dafür überhaupt mehr Umsatz haben?
  • Welche Maschinen brauche ich wirklich?
  • Wie laste ich sie sinnvoll aus?
  • Und sind Investitionen auch noch in drei Jahren sinnvoll?
  • Wie muss ich meine Mitarbeiter führen?
  • Soll ich IT-Kompetenz im Haus aufbauen oder zukaufen?

„Das ist ein komplett anderer Blick, das ist der Blick der Drucker“, schreibt Oberauer. Entsprechend will das neue „Druck & Medien“ in jeder Ausgabe zahlreiche Strategiegespräche mit erfolgreichen Druckern, eine Fülle von Best Cases und umfangreiche Dossiers, die den Druckern Orientierung in einer Phase des Umbruchs bieten.

 

 

 

My Take: Den ‚Gordischen Knoten‘ zerschlagen, um die Orientierung wiederzufinden!

Den Versuch, Leser und ihre Aktivitäten in den Fokus zu stellen, halte ich für absolut richtig. Gerade bei Fachmedien für die Druckbranche. Es bedeutet zwangsläufig neue Erlösmodelle zu schaffen und eine radikale Abkehr von dem, was sich seit fast einer Generation als Übel aufbaute: Da durch die zunehmende Automatisierung der Druck-Technik und ihrer Prozesse das Leserpotential dramatisch schrumpfte, fokussierten sich die Fachverlage auf Anzeigenkunden, um Erlöse zu erzielen respektive zu maximieren. Entsprechend wurden die Reaktionen personell ausgedünnt. Das Gros der Auflagen wird gratis verteilt. Die ‚redaktionelle Intelligenz‘ wurde sozusagen ausgelagert an die PR-Abteilungen der Werbekunden und deren PR-Agenturen.

Die negative Wirkung ist bekannt: Auflagen und damit Reichweite haben sich ebenso dramatisch reduziert wie die Anzahl der Titel, da der Nutzwert sich nahe null reduzieren kann. Denn die Hersteller haben ihre Kommunikationsinfrastruktur zu den Kunden, den Druckereien, extrem optimiert. Mit dem Effekt: Das, was die Fachzeitschriften-Redaktionen erreicht, wird parallel über viele Kanäle und Plattformen direkt (und oft auch besser/schneller/multimedialer als von den Verlagen) publiziert. PR-Agenturen und Marktforschungsinstitute wurden zudem selbst zu Verlagen, indem sie die Hersteller-News gratis in eigenen Portalen veröffentlichen.

Dieses Überangebot mit seinen Dopplungseffekten von Herstellerinformationen macht aber kaum Sinn, zumal die Hersteller in ihren Botschaften ziemlich ähnlich sind (alle sind die Besten, Marktführer, Innovatoren mit dem breitesten Angebot etc.). Im Gegenteil, es ist geradezu schädlich, es verwirrt und schafft Verdruss. Und vor allem: Die eigentlich wichtigen Themen, die helfen, die Veränderungen im Digitalzeitalter zu nutzen, um sich als Branche mit hoher Expertise für Print klar zu positionieren, werden nicht erkannt. Das, was wirklich relevant ist, spielt sich längst in den sozialen Netzwerken ab, mit hoher Interaktion durch die Leser, die unter sich bleiben, um sich auf Expertenniveau zu informieren, auszutauschen und zu vernetzen. Print-Fachverlage spielen dabei kaum eine Rolle, da hier Kompetenzen und eine wirksame Präsenz fehlen oder einfach zu dilettantisch in Push-Manier agiert wird. Zu bedenken ist: Social Media Networking ist für Print und die Druckbranche so eminent wichtig. Durch Twitter und LinkedIn bieten sich vielfältige Möglichkeiten aufzuspüren, welche Themen tatsächlich wichtig sind, wo es Bedarf gibt und was die Menschen aus der Druckbranche und deren Kunden beschäftigt.

 

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Zum Autor

Andreas Weber widmet sich seit über 30 Jahren als Analyst, Keynote Speaker und Coach dem Thema Print im Digitalzeitalter. Sein Blog ValueTrendRadar.com wird von Lesern aus mehr als 125 Ländern der Welt als Kompendium aktiv genutzt. Die von ihm entwickelte #InfluenceB2B Programmatik bietet zeitgemäß Möglichkeiten, um Print adäquat zu positionieren und als wichtigste Säule von Multichannel- und Masscustomization-Szenarien erfahrbar zu machen.

Kontakt: Via Twitter @ValueCommAG und @zeitenwende007 sowie via LinkedIn: Andreas Weber

 


 

EPILOG: Ausnahmen bestätigen die Regel!

Gottseidank! — Es gibt noch Ausnahme-Publikationen, die als Leitbild dienen. Wie ‚Druckmarkt‘: Seit 1996 erscheint das gleichnamige Magazin in Deutschland, seit 2001 eine eigene Ausgabe für die Schweiz. Beide Magazine werden von Spezialeditionen flankiert: Die Impressions als PDF-/Online-Magazin sowie die Collection-Reihe zur fundierten Vertiefung von wichtigen Einzelthemen aus der Welt der Technik. Verleger und Chefredakteur Klaus-Peter Nicolay hält alles persönlich im Griff: Texte, Bilder, Layouts und eine Themensetzung, die ihresgleichen sucht. Mit Liebe zum Detail, exzellenter Typografie und stets einer Prise Humor bringt „Nico“ auf den Punkt, was die Print-Branche ausmacht. [Siehe auch unser Interview per ValueDialog]

Nach 21 Jahren stimmt das Konzept noch immer: „Seit 1996 versteht sich der Druckmarkt als unabhängiges Magazin der Graphic Arts Industrie und Management-Magazin für Unternehmer, Führungskräfte und Entscheider. Diesen bieten wir ein reichhaltiges Angebot an gedruckten Publikationen, Online-Informationen sowie das PDF-Magazin “Druckmarkt impressions” im Internet.“

Der Erfolg bei den Lesern ist nachhaltig und ganz hervorragend. Einen Neustart oder eine Neuausrichtung braucht Druckmarkt nicht. Eher, vor allem auf der Seite der Anzeigenkunden, ein neues Denken, das sich an der Werthaltigkeit und den Werten von Print orientiert. „Wie kann man denn für Print glaubhaft einstehen, wenn Print-Technologie-Hersteller Print als wichtigste Plattform für ihre eigene Geschäftskommunikation nicht mehr goutieren?“ — Ein Kritikpunkt, der unbedingt Beachtung finden sollte, wenn man sich selbst und der ganzen Branche nicht schaden will.

 

 

 


 

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