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Tag Archives: Gregor Krisztian

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Guido Ludes in der Ausstellung zu seinem 60. Fotocollage vor einer Detailsicht des Ölgemäldes Berlin: Potsdamer Platz, 2008, aus der Sammlung Schwarz+Weber, Frankfurt am Main

Lieber Guido!

Ein Auge lacht. Ein Auge weint. Heute, am 12. Mai 2019, begehen wir Deinen 70. Geburtstag. Ich rufe Dir im Kreis meiner Familie zu, auch wenn Du nicht mit uns zusammen sein kannst, hier auf der Erde, die Du so liebtest: Herzlichen Glückwunsch! Wir lieben und wir vermissen Dich! Umringt von vielen kreativen Spuren, die Du bei mir zu Hause hinterlassen hast: Briefe, Notizen, Zeichnungen, PolaroidTransforms, Malereien, Grafiken, Experimentaldrucke, Objekte, Bücher und Schriften, Tausende Fotos (von unseren gemeinsamen Reisen und Erlebnissen) und noch mehr wunderbare Erinnerungen. Dein ganzes Wirken und Tun können wir im Detail nachvollziehen. Jeden Tag aufs Neue. Herzlichen Dank dafür. Das ist nicht selbstverständlich und schon gar nicht üblich. Das Außergewöhnliche hat Dich geprägt. Und damit auch uns und unsere Freundschaft.

 

Wilhelm gemalt von Guido

Detail aus dem Porträtbild von Guido Ludes: Wilhelm Weber zum 70. Geburtstag am 20. Juni 1988. Acryl auf Leinwand, 130 x 100 cm.

 

Obgleich wir über unseren gemeinsamen Lehrer Prof. Dr. Hans-Jürgen Imiela und unseren Freund Dr. Otto Martin während des Studiums Bindungen haben: Bewußt erlebt habe ich Dich das erste Mal im Jahr 1984, als Du den Kahnweiler-Preis in Rockenhausen entgegennehmen konntest. Ich war 25 Jahre alt und Du 35. Mein Vater, Prof. h. c. Wilhelm Weber, Kahnweiler-Freund und Schöpfer resp. Mit-Initiator der Stiftung, war auf Dich als aufstrebender Künstler aufmerksam geworden. Über Deine großartigen Zeichnungen im Mainzer Landesmuseum, die Du zur Dokumentation von Sammlungsgegenständen angefertigt hattest, war das Interesse entflammt. Mein Vater — selbst ausgebildeter Maler, Kunsthistoriker, Museumsmann und Ausstellungsmacher aus Leidenschaft — hatte Dich ins Herz geschlossen. Ihm imponierte Deine Stärke als Bildender Künstler ebenso wie als begnadeter Kommunikator und Kunstvermittler. Was ihn veranlasste, Dir als Gymnasiallehrer ein Gutachten zu schreiben, um Dich erfolgreich als Hochschul-Professor in Wiesbaden zu empfehlen. Von 1994 an bis zu Deinem Tode im Jahr 2013 hast Du unzählige Studenten gefordert und gefördert. Für die meisten warst Du der Favorit, wenn es darum ging, das eigene Kreativpotenzial bestmöglich auszuschöpfen und die Abschlussarbeit bei Dir vornehmen zu können. Du hast wie kein anderer den Studierenden erweiterte Möglichkeiten verschafft, Projekte über Drittmittel zu entwickeln, die wiederum außergewöhnlich und vor allem erfolgreich waren. Immer gab es dazu Publikationen, über 60 an der Zahl, im Print wie auch multimedial. Das hat nachhaltige Beziehungen ermöglicht, die weit über das eigentliche Studium hinausgingen. Überhaupt: Du warst ein Grenzgänger, der allzu gerne Grenzen sprengte.

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Zwei begeistere Maler unter sich: Wilhelm Weber (links) mit einem Blumenstillleben, Paris 1948, Öl auf Holz. Und rechts Guido Ludes mit Berlin, Potsdamer Platz, 2008, Acryl auf Leinwand.

„Hallo Guido“

Unvergessen ist für mich, als wir 2009 gemeinsam in Berlin waren. Unser Berlinbuch war fertig und wir schauten nach Ausstellungsmöglichkeiten. Bei unseren Erkundungen in Berlin Mitte haben wir nicht nur einige Agenturen besucht, die von ‚Ehemaligen‘ / Ludes-Schülern gegründet wurden, sondern wir trafen fast an jeder Ecke Menschen, die Du kanntest. „Hallo Guido — Hallo Herr Ludes“, tönte es viele Male…

Der eigentlich Beginn unserer innigen Freundschaft war ebenfalls außergewöhnlich. Es vollzog sich im Herbst 1998 auf dem Mainzer Wochenmarkt, an einem Samstag-Morgen am Fleischwurst-Stand. „Du musst mich unbedingt mal im Atelier in Finthen besuchen“, schoss es unvermittelt aus Dir raus. Sofort wurde ein Termin vereinbart. Du liebst ja Nägel mit Köpfen… Und der Besuch war in der Tat außergewöhnlich. Denn Du zeigtest mir die Ergebnisse Deines Forschungssemesters, das Dich vor der Jahrtausendwende gezielt für viele Wochen nach NYC führte: Über 400 künstlerische Arbeiten, davon die Mehrzahl in Form der PolaroidTransform-Bilder sowie eine Reihe von Gemälden. Das Hauptwerk „NYC“, signiert und datiert mit „G Ludes 98“, fast monochrom in wuchtigem Rot gehalten, mit einem Format von zwei auf fast drei Meter, durfte ich — im Team mit Gunda — von Dir erwerben, gemeinsam mit zwei weiteren NYC-Malereien. Im Gemälde „NYC“ hast Du über 150 der PolaroidTransforms malerisch verarbeitet. Künstlerisch  perfekt inszeniert, führst Du uns die einzigartige US-Metropole in all ihren Facetten vor Augen. Ein echtes Meisterwerk. So außergewöhnlich wurde New York City und speziell Manhattan selten in Szene gesetzt!

 


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„Du bist Sehnsucht und Utopia, Paradies und Untergang, schön wie ein Brillant von Tiffany und unheilbar krank.“

Udo Lindenberg über NYC. Aus: Der Detektiv, 1979. Zitat und Foto aus unserem Buch: New York Manhattan Zeitenwende, 1999.


 

Mit Deinem Talent, andere zu begeistern, hast Du Gregor Krisztian, Deinen Freund und Hochschul-Kollegen, als Buchgestalter, und mich als Herausgeber und Kommunikator gewonnen, um Deinen außergewöhnlichen Forschungsbericht zu publizieren. — Viele Übersehen: Du warst als Hochschullehrer v. a. auch Wissenschaftler erster Güte! — Gemeinsam entwickelten wir sofort nach dem Atelierbesuch und einem Treffen mit Gregor die Idee, nicht nur ein außergewöhnliches Buch zu schaffen, sondern eine Serie von Publikationen, Ausstellungen, Musikperformances und Events, die von Europa aus ein engagiertes Publikum in NYC und anderswo begeistern sollte. Startpunkt war der 23. April 1999, Welttag des Buches. Im Orchester-Probenraum des Mainzer Staatstheater stellten wir die Maquetten vor. Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck war eigens aus einer laufenden Landtagssitzung gekommen, begrüßte und betonte, dass mit unseren Aktivitäten ein kulturell werthaltiger Beitrag zum transatlantischen Dialog erfolge. Das Publikum war begeistert, in einem Rutsch waren 1.000 Bücher vorbestellt und damit ein Drittel der geplanten Auflage verkauft und das Buchprojekt in bester Ausstattung finanziert. Es folgten die Premiere auf der Buchmesse 1999 mit SWR-Kultur-TV-Bericht sowie am 11. November 1999 der absolute Höhepunkt: Die Vorstellung des Projekts in NYC. Udo van Kampen hatte uns ins ZDF-Studio unweit des Chrysler-Building eingeladen, um vor einer Schar erlesener VIP-Gäste zu präsentieren. Die meisten blieben fast zwei Stunden; außergewöhnlich für NYC, wo die meisten auf Vernissagen und Lesungen bereits beim Erscheinen hektisch auf die Uhr schauen, wie uns alteingesessene New Yorker an diesem, unserem Abend bewundernd mitteilten. Last but not least: Unser Buch, das einen eigenen Bericht wert wäre, wurde 2001 vom DDC Deutscher Designer Club ausgezeichnet.

 

 


Apropos: So ganz ‚nebenbei‘ hattest Du zudem den Musiker und Komponisten Peter Knodt gewonnen, eine außergewöhnliche Komposition in Form von Klangspuren zu schaffen. Peter hatte passend zu Deinem Forschungsprojekt in NYC Töne und Sounds allerorten eingefangen und mit Trompete sowie Countertenor-Gesang vermischt. Es gab mehrfach Aufführungen, auch mit einer eigens entwickelten Tanz-Perfomance.


 

 

Mit Blick auf das neue Jahrtausend entstanden 2000/2001 Posterserien, Wand-, Tisch- und Notebook-Kalender, die vom Bertelsmann Verlag publiziert wurden. Benchmark! — Lieber Guido: Summa summarum, das war Extraklasse und zeigte auf höchstem Niveau Deine Gabe als Künstler, Freund und Organisationstalent, das stets auf andere vertrauen konnte. Und gleichzeitig als Inspirationsquelle für vieles weitere gemeinsame: Ob bei den von Gunda und mir als Gastgeber veranstalteten Kreativ-Workshops auf Sylt, bei unseren gemeinsamen Urlaubsreisen in die Provence und die Bretagne oder aber den zahlreichen Silvester-Kochabenden. Unvergesslich auch unsere Besuche beim gemeinsamen Freund und Bildhauer PI Ledergerber in Burgdorf bei Bern sowie die Winterwanderung durchs zauberhafte Emmental. Du hast im Nachgang die reliefartige, grossformatige Collage ‚Projekt Rekonstruktion EMME’ geschaffen, die den Lauf des Flusses malerisch interpretiert, und mir zum meinem 45. Geburtstag am 3. Januar 2004 gewidmet.

 

 

Und selbst wenn Du fern warst, auf Deiner 1. Expedition in Australien im Herbst 2005, hast Du unmittelbar im Nachgang uns teilhaben lassen mit der Object-Trouvé-Collage ‚Terra Australis‘.

 

 

Das kleinformatige, kraftvoll gearbeitet Aquarell ‚Tunesische Impressionen‘ von 2002 ist ein Kronjuwel unserer Sammlung. Im Übrigen war es nicht nur für mich ein Vergnügen, mit Dir Kunstausstellungen zu besuchen oder Spaziergänge in freier Wildbahn, am besten in Rheinhessen, zu machen. Als kundiger, hochgebildeter, belesener, stets neugieriger  Mensch hattest Du immer etwas zu sagen: Zur Natur, zu Kunst- und Kulturgeschichte, zum Schaffen anderer, zu Politik, Sport, Gesellschaft, Religion… Außerordentlich war Deine Gabe, egal wo  wann und wie mit Menschen aller Couleur ins Gespräch zu kommen. Ganz natürlich, ganz offen, ganz vorurteilsfrei. Es war eine Wonne, mit Dir zu fachsimpeln. Gerade auch bei unserer gemeinsamen Arbeit z. B. für die Hauptjury des Mainzer Kunstpreises Hans-Jürgen Imiela-Gedächstnispreis, zu der unser Freund Dr. Otto Martin in die MVB Mainzer Volksbank geladen hatte.

Lieber Guido: Danke, danke, danke! Du warst stets der Motor und der Ankerpunkt zugleich für das liebevollste Miteinander, das ich mir, das wir uns alle vorstellen können. 

Und Du warst kaum zu stoppen. Viele weitere Projekte folgten: Kunstbücher, die ich herausgab im Team mit Dir und einigen Deiner Student*Innen, u.a. zu Martin Schläpfer und seinem ‚ballettmainz‘. Oder aber „Gestaltungsstrategien der Moderne: Ideenpool und Nachschlage-Werk für kreative Kommunikation“ von Judith Biesenbach. Ein Werk, das viele kreative Köpfe aus der GWA-Agenturszene begeisterte. Nicht zu vergessen: Auch für die Print&Publishing-Industrie hast Du Außergewöhnliches vollbracht. Ich konnte z. B. den Kontakt herstellen mit dem Schriftenhaus Linotype zu Dir und der Hochschule, um beim internationalen Fachkongress der typo:media 2000 in Mainz eine lesenswerte Event-Doku in Buchform zu schaffen; später konntet ihr im Team mit Linotype das 2005 vom DDC prämierte Buch trytype publizieren. Auf der internationalen Fachmesse FESPA 2010 in München konnten wir im Team mit HP einen künstlerischen Experimentaldruck vorstellen, bei dem Du eine PolaroidTransform-Bildcollage aus dem Berlin-Projekt mit einem neuen Inkjet-Verfahren auf Spezialpapier geschaffen hast. All dies und noch viel mehr führten wir mehr als eine Dekade unter dem Label ‚Zeitenwende‘; mein Mainzer Büro im Empirestil diente als Galerie- und Event-Ort. Deine Werke waren stets präsent.

Familienbande

Lieber Guido, soviel wunderbares konnte uns in den Jahren bis zu Deiner plötzlichen, schweren und letztlich tödlichen Erkrankung geschehen. Nach dem Erfolg von New York Manhattan Zeitenwende entstanden weitere Bücher gemeinsam: Mainz Stadtlandschaften II oder Berlin Different View. Jedes für sich ein Kunstwerk, wiederum gestaltet von Gregor. 

Am eindrücklichsten und bewegtesten für mich war es, mit Dir zusammen am 1. und 2. Mai 2009 Deine Heimat zu erkunden. Du hattest mich darum gebeten, mit Dir eine ‚Bruderreise‘ zu unternehmen und alles arrangiert, damit ich Deine Heimat Saar-Pfalz, die ganz nahe meiner Heimat im Saarland liegt, mit Dir erleben kann. Erster Landepunkt von Mainz aus war Trier. Wir atmeten den Hauch von über 2000 Jahren Kulturgeschichte. Und hatten Freude. Der Höhepunkt der Reise: Der Besuch am Grab Deiner Eltern in Saarburg. Du hättest mich glatt am schön gelegeneren Friedhof vorbeifahren lassen! Wenn ich nicht gefragt und insistiert hätte. Du warst, obgleich Dein Vater schon über 25 Jahre verstorben war, Deine Mutter rund 10 Jahre, noch nie dort gewesen! Da das Grab erst nach einer gewissen Suche gefunden wurde, gab es ein Momentum, das mich erschaudern ließ. Keine zehn Meter von mir weg warst Du zuerst fündig geworden. „Ich habs!“, hast Du verhalten gerufen. Und bist sodann minutenlang erstarrt, als ich eilig ankam und erstaunt — mit Blick auf die riesige Doppelgrabplatte aus politiertem Granit — rief: „Deine Eltern heissen ja Maria und Josef!“

 


Intermezzo

Lieber Guido, Du fragtest mich, welchen Künstler, welches Werk ich mit Dir und Deiner Person in Verbindung bringe. Meine Antwort aus heutiger Sicht: Den ‚Pierrot, dit autrefois Gilles’! Das außergewöhnliche Gemälde des französischen Malers Antoine Watteau, den wir beide verehren, und dessen Sinnhaftigkeit schier unermesslich ist. — entstanden wohl 1718/1719, also ziemlich exakt vor 300 Jahren.   

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Foto: Archiv Andreas Weber


 

Deinen Vater hast Du als Despoten gesehen, der Dein Talent, Deinen Freiheitsdrang, Deine Kreativität nicht anerkannte, alles sogar bekämpfte, da er ohne Rücksicht auf Verluste nur seinen Interessen nachgegangen ist. Du hast als Teenager rebelliert und mit ihm gebrochen. Gerade und vielleicht weil Du Rockmusik als Sänger in einer Band zelebriert hast. Zudem gab es nach dem Tod des Vaters Streit mit Deinem Bruder und dadurch im Verlauf auch keinen Kontakt mehr zur Mutter bis zu deren Tod. Und trotz allem zeigtest Du eine unbändige Leidenschaft für Deine Herkunft, Deine Region, Deine Erfahrungen. Dass wir beide Hugenotten als Vorfahren haben sowie Deine Annahme, mein Vater sei für meine Familie auch schwierig zu ertragen gewesen, hat uns aus Deiner Sicht noch enger zusammengeschweisst. Was mich im Nachgang erstaunte: Du hast stets Dinge von Anfang zum Ende gebracht. Nur mit Deinem Vater und seiner Familie konntest Du nicht abschließen. Da hast Du Dich bis zum Schluss entzogen wie das fliehende Pferd. Und hast als Familienvater mit Frau und zwei Söhnen stets gemäß der Leitlinie gehandelt, alles anders zu machen, als es Dein Vater tat. Letztlich hast Du Dein durch Deinen Vater geprägtes Familienbild auf alle übertragen, die Dir lieb und wert waren. Der Sister Sledge-Song „We Are Family“ hat uns sozusagen immer als Grund-Melodie begleitet. Übrigens: Während ich Dir diesen Brief schreibe, höre ich Led Zeppelin und Pink Floyd…

Kreativer Ungehorsam

Lieber Guido, Deine letzte große Einzel-Ausstellung nach der in Ingelheim von 2006 („25 Jahre kreativer Ungehorsam“) hast Du wie für Dich üblich selbst inszeniert. „60 Jahre Guido Ludes – 35 Jahre Mainzer Künstler. Landschaften und Städtebilder“. Ich durfte in der prall gefüllten Mainzer Rathausgalerie am 1. September 2009 eröffnen. Alle waren erstaunt, festzustellen, dass man meinen könnte, Dich und Deine Arbeit zu kennen, aber vom Facettenreichtum und der Innovationskraft Deines Schaffens eines besseren belehrt wird. Die Publikation meines Vortrags erfolgte als Privatdruck 2010 und später dann im meinem Blog, ausgebaut zum Nachruf für Dich: Ich habe Dich darin ‚Meister der Inspiration‘ genannt und dokumentiert, dass Dein Schaffen und Deine künstlerische Manifestation kulturgeschichtlich fest verankert, aber außergewöhnlich ist und bleibt. Tausende Freunde, Blog-Leser, Facebook-Partner, alle zutiefst betroffen, konnten Anfang Januar 2014 Dein Leben und Schaffen Revue passieren lassen. So bist Du zwar von uns gegangen und doch stets präsent. In unserer Erinnerung, in unseren Herzen. In der Provence, unserem temporären Erlebnisparadies der Sinne und Freuden, sagest Du beim Abendessen in unserem Garten zu Gunda und mir: „Es macht mich sehr, sehr traurig, dass wir irgendwann tot sind und uns nicht mehr sehen, sprechen, umarmen können.“ — Heute antworte ich Dir: „Guido ist tot. Lang lebe Guido!“

Lieber Guido, mein Freund, mein Bruder im Geiste! Du warst, bist und bleibst ein Außergewöhnlicher. Es gibt noch soviel über Dich und durch Dich zu entdecken. 

Herzlichst,
Dein
Andreas, auch im Namen von Gunda, meiner Schwester Eva Maria sowie der gesamten Familie Schwarz

 

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Postscriptum

PS: Die Kulturverantwortlichen und Kunstschaffenden der Stadt Mainz haben Dich mit zwei Ausstellungen zu Deinem Siebzigsten geehrt. Das ist sehr lobenswert. Aus meiner Sicht wird dabei deutlich, wie schwer es sich manche Leute tun — mit Dir und Deinem künstlerischen Erbe, selbst diejenigen, die Dich kennen und schätzen. Die Ausstellung im Mainzer Rathaus zeigt eine Seite von Dir, die melancholisch betrübt erscheint. Und so gar nicht typisch ist für das, was Dich und Dein Leben ausmachte. Als ich dort war, unterhielten sich zwei Damen, die neugierig vor allem die Mainz-Motive betrachtete. Eine der Damen sagte ehrfürchtig: „Der Künstler muss ein sehr trauriger, vielleicht sogar deprimierter Mensch gewesen sein.“ Dieses Urteil von unbefangenen Besuchern fand ich bemerkenswert sowie auch die Tatsache, dass viele Deiner Hauptwerke und Themen nicht würdig oder pointiert genug vertreten sind. Der NYC-Werkkomplex, Dein Meisterwerk schlechthin, mit der Einheit aus Gemälden, Zeichnungen und den PolaroidTransforms wurde nicht erfahrbar. Letztere fanden sich als Auswahl isoliert im Eisenturm, ohne eben den Bezug zu Deinen Malereien. Das hättest Du selbst als Kurator sicher ganz anders gemacht.

PPS: Es entstand für die Mainzer Ausstellungen auch ein Katalogbuch. Das ist ebenfalls lobenswert, auch wenn aus meiner Sicht ein Werkverzeichnis oder zumindest eine Festschrift angebracht gewesen wäre. Beides fehlt. Der zur Ausstellung erschiene Katalog spaltet Dein Werk auf, das doch eine Einheit ist, und zeigt, dass es in der Rückschau sehr schwierig sein muss, Dich als Künstler, Kunstvermittler und Persönlichkeit richtig einzuschätzen. Das hat weniger mit den inhaltlichen Lücken und Schwachstellen der Publikation zu tun, deren Gestaltung es enorm schwer macht, mit Freude und Leichtigkeit darin zu lesen. Sondern vielmehr damit, dass man Dir mit  selbstverliebter Gestaltung und feuilletonistischer Betrachtungsweise nicht nahe kommt, sondern in die Irre geleitet wird. Schon der Titel: „Die Atemlose Kunst des Guido Ludes“ lässt mich schaudern. Soll das heißen, Dir und Deiner Kunst sei die Luft ausgegangen? Oder raubt es den Betrachtern die Luft zum Atmen? Oder wird sogar auf die Schlager-Dame Helene Fischer und ihren Atemlos-Super-Hit angespielt, der mich vor allem durch Parodien entzückt? — Weiter schaudern lässt nicht folgende Textpassage: „Einfach Eindrücke sammeln, Wind schnuppern, Füße hochlegen, all das ist mit ihm [Guido Ludes] nicht zu machen. Immer hat er ein Projekt im Gepäck.“ — Lieber Guido, Du musst ein Doppel-, Drei-, Vierfach-Leben geführt haben. Denn so kennen wir Dich nicht. Es war immer Entspannung pur mit Dir, Neues zu erkunden und daraus Ideen zu entwicklen. Du hast das sogar von anderen eingefordert. Mit dem Hinweis: „Wer viel arbeitet, hat immer Zeit!“ Vielleicht hast Du andere, die nicht mit Dir auf Augenhöhe sein konnten, vermutlich sogar Deine eigene ‚Guido-Familie‘, durch Deine Fürsorge, Dynamik, Umtriebigkeit, Schnelligkeit, Präzision und Power überfordert und sogar unmündig werden lassen? Ich bin sicher, Du wirst mir diese Frage nicht beantworten. Sondern wirst mir zur De-Eskalation sagen: „Äh, was kostet hier nochmals ein Kubikmeter Mutterboden?“. Und dann wirst Du lachen!

 

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Schatten-Dasein. Bildcollage für Guido zum 70. von Andreas Weber.

Von Prof. Gregor Krisztian, Präsident Die Gestaltende Gesellschaft, Wiesbaden

 

Nach der Valencia Studiotour im Februar 2015 ging der Weg diesmal nach Tallinn sowie Helsinki. Das Ergebnis: Viele einzigartige Momente, Inspiration, Erkenntnisse und neue Kontakte!

 


26_09 / 15:30 

Tallinn ist offen für Architekturexperimente, während das Team Minihäuser aus Beton unter die Lupe nimmt.

Kaum angekommen, steht bereits am ersten Tag die Besichtigung der findigen Koda-Minihäuser aus Beton auf dem Plan.

Ülar Mark präsentiert begeistert die Möglichkeiten seiner Wohn- und Nutzraum-Module und stellt sich gerne allen Fragen des Teams.

Am gleichen Abend bringt etv einen Bericht über diese Häuser, während Gregor im Hintergrund irgendetwas in sein iPhone tippt.

Durchstreifen die Stadt mit ihrem Mix aus historischer und zeitgenössischer Architektur. Kämpfen uns über Kopfsteinpflaster-Gassen mit abenteuerlicher Wegführung, stehen dann wieder hoch über Stadt und lassen den Blick erstaunt über Türme und mittelalterliche Befestigungen gleiten.

26_09 / 21:30 

Unser Quartier direkt an der neuen Markthalle: Von hier aus lässt sich die Altstadt ebenso schnell erlaufen wie die Hotspots von Kopli.


27_09 / 11:00 

Spiegeleier in allen Farben – »Velvet« tapeziert die Wände mit Designpreisen.

Janno Siimar stellt die Arbeitsweise der Agentur »Velvet« vor und gibt einen Überblick über Projekte seines Teams. Die »Agency of the Year« wartet mit zahlreichen Designpreisen auf und dokumentiert den Erfolg mit Spiegeleiern an der Wand. Poker-Atmosphäre: Intensive Verhandlungen mit Kunden werden in einem kleinen, fensterlosen Raum geführt. Enge und Sauerstoffmangel beschleunigen jeden Entscheidungs-Prozess.

27_09 / 14:00 

Port Noblessner – das ehemalige Werftgelände mausert sich zum Wohnquartier mit Blick aufs Meer.

Inmitten der sowjetischen Brachialarchitektur präsentiert sich das Programm des diesjährigen Designfestivals von Tallinn. Beton, Staub, Eisen und Kabelstränge fordern ein gewisses Improvisationstalent von allen Akteuren. Der Begeisterung der Besucher tut all das keinen Abbruch. 

Gut besuchter Designermarkt auf nacktem Beton, während nebenan das Vortragsprogramm läuft.

Thilo v. Debschitz stellt sein Buch über Fritz Kahn vor und begeistert durch seine anschauliche Präsentation. Das Team sammelt sich zum Gruppenfoto. 

Prof. Gregor Krisztian präsentiert eine Auswahl von Hochschulkalendern und führt durch eine 18jährige Erfolgsgeschichte. 


Motive in allen Winkeln der Werft, über der bereits die Abrissbirne schwebt. 


28_09 / 15:00 

Abstecher ins nahe gelegene Schifffahrtsmuseum, einem Riesenbau mit monumentalen Betonkuppeln und faszinierender Technik.

28_09 / 19:15 

Im »Noblessner« dröhnen heute Abend Bässe zum Modeevent mit choreografierter Spielfreude.


29_09 / 6:45 

Erste Fähre nach Helsinki: Sind gespannt auf Finnlands Kapitale.

29_09 / 9:50 

Die Stadt serviert Sonne satt und zeigt sich den ganzen Tag von ihrer besten Seite.

29_09 / 10:00 

Im Gespräch mit Anssi Kähärä, dem Gründer von »werklig«


30_09 / 11:00 

Letzter Termin am Samstag: Dan Mikkin freut sich auf das Team und erläutert seine Arbeits-Philosophie bei »brand manual«.

30_09 / 12:35

Zum Finale ins »Kumu« – größtes und modernstes Kunstmuseum des Baltikums.

Entspannung und Ruhe im »Kumu« – dem Kunstmuseum Tallinns, das am Rande der Stadt im Grünen liegt. Wir streifen durch einen Teil der Ausstellungen, sind aber weit mehr beeindruckt von der architektonischen Inszenierung und dem Materialmix. Kein Wunder, dass das Museum 2008 zum »Europäischen Museum des Jahres« gewählt wurde.


01_10 / 18:05 

Rückflug mit Übergepäck und guter Laune…


 

 


THANKS TO EVERYONE who gave support on our tour. you were wonderful hosts! special thanks to Ilona Gurjanova for making this festival happen again, Jana Pala for precious company and Kärt Summatavet for her Tallinn sightseeing tour…

 

 


Kontakt

Die Gestaltende Gesellschaft
Förderverein des Studiengangs Kommunikationsdesign der Hochschule RheinMain e. V.

Prof. Gregor Krisztian, Präsident
gregorkrisztian(at)t-online.de

Unter den Eichen 5
65195 Wiesbaden

 


 

Keyvisual News 1-2015

© 2015 und Design: Prof. Gregor Krisztian, Wiesbaden/Darmstadt

Erneut konnte der Förderverein Die Gestaltende Gesellschaft mit Hilfe und Motivation seiner Mitglieder eine ganze Reihe von Projekten, Aktionen, Ausstellungen und Exkursionen unterstützen. Die Studierenden und das Lehrprogramm des Fachbereichs Kommunikationsdesign der Hochschule RheinMain profitieren durch dieses Engagement maßgeblich, um außerordentliche Initiativen zu realisieren und Studierende für außerordentlichen Einsatz an der Hochschule und bei internationalen Wettbewerben zu belohnen. Wir gratulieren allen, die mit unserer Unterstützung verdiente Erfolge genießen können und danken allen Mitgliedern für ihr Vertrauen.

Wunderbares und echte Highlights
(zusammengestellt von Prof. Gregor Krisztian)

Abschlussausstellung im Glashaus 

Trotz Hitzerekorden eröffnete der Studiengang unter dem Motto »Wir ziehen blank« die Präsentation aller Abschlussarbeiten. Exakt 300 Minuten waren die Arbeiten für die sommerlich gestimmten Gäste und Studierenden im Glashaus zu sehen. Auch diesmal nominierten externe Juroren Kandidaten für die geplante Best-of-Ausstellung 2016. Siehe: www.werkschau-wiesbaden.de

Förderpreise für studentisches Engagement und in der Lehre

Auch in diesem Jahr wurden zwei Studierende des Studiengangs für ihr Engagement in der Lehre und für studentische Belange ausgezeichnet. Der Vorstand des Fördervereins übergab im Rahmen der Abschlussfeier Deborah Beuerle und Svenja Krämer Urkunden sowie Preisgelder.

Frisch gebackene Kommunikationsdesigner werden gefeiert | Bachelors jubeln am Semesterende

Im Februar erhielten rund dreißig Bachelor-Absolventen ihre Urkunden. Die Rotunde in Schloss Biebrich bot einen würdevollen Rahmen und rundete mit deisem Abschiedsprogramm mit gelandenen Gästen und dem Dozententeam das erfolgreiche Studium ab. Bei der Feier überreichte der Förderverein Sachpreise an die Gewinner des »Publikumspreises« zur Ausstellung.

Die kühlen Räume des Biebricher Schlosses boten im Juli angesichts der drückenden Temperaturen den Gästen der Abschlussfeier einen entspannten Rahmen. Nach dem offiziellen Programm, bei dem allen Bachelors feierlich ihre Urkunden überreicht wurden, fand sich Zeit für entspannte Gespräche mit Gästen und Dozenten.

Valencia Studiotour März 2015 

Highlight in diesem Jahr war sicherlich das Kennenlernen von Künstlern und Designern in Valencia. Auch das achtköpfige Reiseteam lernte dabei nicht nur neue Perspektiven kennen, sondern nahm sich auch viel Zeit für Gespräche, die dortige Kulturszene und das einwöchige, ohrenbetäubende Spektakel der »Fallas«.

>>> Per Klick zum stimmungsvollen und eindrücklichen Bericht mit vielen Bildern.

Bretagne-Exkursion liefert Bildmaterial fürden nächsten Hochschul-Kalender 

Den angelandeten Schiffsmüll in der Bucht von Audierne nahm sich ein studentisches Team unter Leitung von Prof. Gregor Krisztian und Dipl.-Des. Kai Staudacher vor. 

Eine Woche lang sammelte, registrierte und fotografierte das Exkursionsteam die Fundsachen und sprach mit Vertretern der Anrainer-Communen sowie bretonischer Umweltschutzorganisationen.

Gleich vor Ort wurden Konzepte für den nächsten Hochschulkalender angedacht, in dem die »objets trouvés« eine tragende Rolle spielen. Das von Prof. Gregor Krisztian seit letztem Jahr entwickelte Projekt wird gemeinsam mit einem Team der Umwelttechnik in Rüsselsheim durchgeführt. Ein Beleg dafür, dass sich lohnende Themen und Kooperationsmöglichkeiten innerhalb der Hochschule finden lassen und so die Perspektiven erweitern.

Alumni-Ausstellung »Ausgezeichnet«

Der Kunstverein Bad Nauheim und der Magistrat der Stadt präsentierten in stimmungsvollem Ambiente Zeichnungen, Malereien, Papierobjekte, Bücher sowie weltweit ausgezeichnete Animationsfilme von Ehemaligen des Studiengangs.

Prof. Dr. Cornelia Freitag-Schubert initiierte die Ausstellung und entwickelte das Konzept der Werkschau von Mareike Stahl, Thomas Ganter, Marie-Niamh Dowling und Sören Kunz. Sie führte in die Ausstellung ein und freute sich über den Besucherandrang und das deutliche Interesse an diesem künstlerischen Medienmix, der mit Unterstützung von Prof. Rolf Schubert durch beeindruckende Animationen bereichert wurde. Thomas Ganter, kürzlich erst für sein malerisches Motiv »Mann mit einer karierten Decke« mit dem BP Portrait Award ausgezeichnet, irritierte durch realistische Detailarbeiten.

Rendez-Nous der Engel

Ohne sie geht’s nicht. In jedem Semester tragen Lehrbeauftragte und Gastdozenten durch Einsatz und Kompetenz dazu bei, dass unsere Lehre bereichert wird und unsere Studierenden von externem Knowhow profitieren. Wir wissen auch, dass die Arbeit unserer fleißigen Helfer oft über das hinausgeht, was wir erwarten oder angemessen entlohnen können. Zudem ist jeder zu anderen Zeiten an unserer Hochschule aktiv, und die wenigsten unserer »Engel« laufen sich dabei über den Weg. Der Studiengang bedankte sich deshalb zum dritten Mal mit einem abendlichen »Rendez-nous der Engel« im Jagdschloss Fasanerie.

Einheitliches Konzept zur Werkschau

Um die Organisation unserer Abschlussausstellungen bei wechselnden Betreuungsteam zu erleichtern, hat der Studiengang in neue Präsentationsmodule in einheitlichem Look investiert. Schiefergraue Ausstellungssockel und Tischhussen können nun bei allen Präsentationsvorhaben eingesetzt werden und schaffen eine klare, zurückhaltende Raumarchitektur, die den Exponaten respektvollen Vorrang lässt.

Weitere Informationen und Interaktionen per Facebook-Seite von Die Gestaltende Gesellschaft.