NACHRUF: ABSCHIED VON MANFRED HÜGELOW

Manfred Hügelow bei seiner letzten Litho-Druck-Vorführung am 6. Dezember 2016.

Von Prof. Dr. Gerhard Kilger, Vorstandsvorsitzender der Internationalen Senefelder Stiftung mit Sitz in Offenbach am Main
Wer Manfred Hügelow kannte, ist in zweifacher Weise von seinem Sterben betroffen: Zum einen geht ein Mensch, der mit seiner Offenheit, mit seiner Begeisterung, mit seinem Humor und seinem fachlichen Wissen Zeit seines Lebens viele Freunde und Kontakte gewann; zum anderen geht ein Kenner seines Fachs, der mit seinem beruflichen Wissen und Können endgültig den Schlusspunkt einer Ära der „Steinzeit“ des Druckwesens markiert. 

Wahrscheinlich war Manfred Hügelow der einzige noch lebende Lithograph, der diese alte Drucktechnik auf dem Stein nicht nur professionell erlernt hat, sondern sie auch bis an sein Lebensende ausgeführt hat. Obwohl es heute noch durchaus einige ganz versierte Experten des Steindrucks gibt, kann man unter diesen keine berufstätigen Fachleute finden, die diese komplexe Druckkunst von der Pieke auf gelernt und betrieben haben. Heute sind Litho-Steine meist in Künstlerwerkstätten und Hochschulen zu finden, wo mit der geheimnisvollen Drucktechnik meist ganz kreative und experimentelle Kunstwerke in kleinen Auflagen entstehen. Selbst in den weltweit wenigen Kunstdruckereien sind längst angelernte Kräfte tätig und hohe Auflagen sind nicht mehr gewünscht. 

Zwar gibt es wenige Lehrbücher und ein gewisses Standardwissen über die Technik, das hohe Expertenwissen und die berufliche Erfahrung für den Steindruck in professioneller Qualität ist jedoch verloren gegangen. Als wahrscheinlich letzter hat Manfred Hügelow dieses Wissen mit ins Grab genommen. Gerne hätte er auch einen jungen Drucker oder eine Druckerin an seiner fünf Tonnen schweren Druckmaschine „Elisabeth“ angelernt, doch die wenigen Künstlerlithographen ziehen die Arbeit an der einfacheren Handpresse vor. Mit seinem Tod verschwindet nicht nur die professionelle Lithographie ins Vergessen, sondern auch eine der weltweit letzten Andruckpressen, die legendäre „Elisabeth“, wird wohl kaum mehr ihre sachgerechte Bestimmung erfüllen können. 

Manfred Hügelow bei der Arbeit am 6. Dezember 2016.

Am 6. Dezember 2016, dem Tag der Lithographie, konnten einige Interessierte in Offenbach in den Räumen von MANROLAND die Druckvorführung von Manfred Hügelow mit „Elisabeth“ das letzte Mal erleben. Schon damals war es für den 76 Jahre alten Profi eine große Belastung, danach wurden die Leiden seiner Krankheit zur großen Last. Am 30. Juni 2017 ist Manfred Hügelow gestorben. Im Jahre 1940 in Berlin geboren, absolvierte er in der Nachkriegszeit Schule und Lehre, nahm aber auch an Kursen über Kunstgeschichte teil.  
Schon mit 21 Jahren lehrte er an der Kunsthochschule Berlin das Fach Grafik-Lithographie. Eine der damals führenden Kunstdruckereien, die Erker-Galerie in St. Gallen stellten ihn 1970 ein. Dort hatte er auch in leitender Stellung seine besten professionellen Erfahrungen sammeln können, wodurch es möglich wurde, dass er sich 1974 selbständig machen konnte. Von der Firmengründung am Chiemsee zog er 1978 nach Frankfurt am Main und schließlich 1993 nach Offenbach um. Seine Kunstdruckerei in Verbindung mit Editionen-Vertrieb und Handel brachte ihn mit vielen prominenten Künstlern zusammen. Allerdings musste er auch miterleben, dass in Folge des weltweiten Desinteresses an Druckgraphik fast alle Kunstdruckereien ihren Betrieb einstellten und hohe Auflagen kaum gefragt waren. Im April 2005 löste er seine Firma auf und integrierte seinen Bestand in die Internationale Senefelder Stiftung, die ihren Sitz mit der damaligen Unterstützung der MANROLAND AG ebenfalls in Offenbach hat. So ist das Lebenswerk von Manfred Hügelow beispielhaft für die „Steinzeit“ des heutigen Druckwesens gut erhalten. Doch selbst wird er immer fehlen! 

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