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Fee Fleck Im Reich der Drohnen - Doku 1.019

© 2016 und Fotocollage: Andreas Weber, Mainz/Frankfurt am Main

 

Ein ganz besonderer Ort. Zu einem ganz besonderen Anlass. Hausherr Ludwig Jantzer versammelte im Frankfurter Hof zu Mainz eine große Schar von Besuchern, die sich aufgeschlossen und engagiert einem Thema widmeten, das äußerst schwierig und prekär ist. Fee Fleck präsentierte ihren Werkzyklus „Im Reich der Drohnen“, um das Gebaren und die fatalen Folgen moderner Kriegstechniken bewusst zu machen. 

Mit Unterstützung der beiden Kuratoren, Prof. Valy Wahl und Andreas Weber, sowie engagierten Begrüßungsrednern wie Kulturstaatssekretär Walter Schumacher und Mark Linnemann, 1. Vorsitzender des Deutschen Werkbundes Rheinland-Pfalz, gelang es, eine geradezu atemberaubende Atmosphäre zu schaffen, die mit Worten kaum beschreibbar ist. Besonderer Dank gilt den Techniker im Frankfurter Hof Mainz, die beim Aufbau in kürzester Zeit keine Wünsche offen ließen und einen tollen Job gemacht haben: Holger Orth und Christoph Biroth.

 

 

Schicksalhafte Begegnung: Mehr Realität geht nicht!

Ein ganz besonderes Momentum schaffte Ludwig Jantzer: Er hatte speziell eine kleine Gruppe von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten eingeladen, die bei uns in Rheinhessen um Asyl nachsuchen und unmittelbar unter dem Kriegs-Terror sowie auch der Bedrohung durch Kampf-Drohnen gelitten haben. Die Begegnung mit einer Künstlerin wie Fee Fleck, die sich auf hohem künstlerischen Niveau mit Kriegshandlungen, die gerade auch Zivilisten treffen, beschäftigt, stellt für diese jungen Menschen etwas dar, was sie nie mehr vergessen werden. Und für Fee Fleck war dies ein ebenfalls bewegendes Erlebnis, das sich überraschend nach der Vorstellung ihrer Werke ergab.

Eine geradezu schicksalhafte Begegnung, mit der Botschaft: Kunst und Künstler helfen, Menschen auf besondere Art Willkommen zu heißen und ihnen zu zeigen, dass man auch fernab grauenhafter Kriegsgeschehnisse genau beobachtet und bewertet, was geschieht und wogegen man Position beziehen muss. Wirksamere „Munition“ für Integration und ein menschliches Miteinander kann man sich kaum wünschen.

Das Publikum war nicht nur begeistert, sondern hat verstanden, worum es Fee Fleck geht: Niemals vergessen. Man muss sich dem stellen, was Menschen anderen Menschen antun, und dagegen angehen. Am besten in dem Moment, indem es geschieht. Marianne Hoffmann hat dies im Kontext mit weiteren Aspekten in ihrer Kunstkritik für die Allgemeine Zeitung vom 22. März 2016 auf den Punkt gebracht. Lesetipp: Fee Fleck bezieht in Mainz gegen den Drohnen-Krieg Stellung.

 

 

 

Nachfolgend unser erster multimedialer Bericht mit der Eröffnungsrede von Andreas Weber im Wortlaut per Video-Selfie. Wer den Text nachlesen möchte, kann dies per Klick auf folgenden Link tun: Fee Fleck: Kontrapunkte führen den brutalen Drohnen-Krieg ad absurdum!

 

 

Video-Doku (1) — Hausherr Ludwig Jantzer begrüßt herzlich und Kulturstaatssekretär Walter Schumacher betont die sinnvolle Verbindung zw. Tradition des Frankfurter Hofs und dem Ausstellungs-Thema/Werk von Fee Fleck.


Video-Doku (2) — Kulturstaatssekretär Walter Schumacher betont die sinnvolle Verbindung zw. Tradition des Frankfurter Hofs und dem Ausstellungs-Thema/Werk von Fee Fleck. 

 

 

Video-Doku (3) — Mark Linnemann, 1. Vorsitzender des Deutschen Werkbundes Rheinland-Pfalz, fand einfühlsame Worte für das Ehrenmitglied Fee Fleck zu ihrer Ausstellung „Im Reich der Drohnen.“

Fee Fleck Kontrapunkte FINAL 16 9 Stand 05032016.001

Von Andreas Weber aus Anlass der Ausstellungseröffnung „Fee Fleck — Im Reich der Drohnen“ im Frankfurter Hof zu Mainz

Ein historisch bedeutsamer Ort wie der Frankfurter Hof zu Mainz bietet das beste Ambiente für eine historisch bedeutsame Vorstellung eines Gemälde-Zyklus von Weltrang. Fee Fleck hat einzigartige „historische Ereignisbilder als einen Gemäldezyklus erschaffen, den sie in seiner Gesamtheit erstmals öffentlich präsentiert. Sie steht damit in einer reichen Tradition. Das „Historienbild” ist ein kunsthistorisch gesetzter Topos, der sich fachlich wie folgt klären lässt: Das Historienbild ist neben Portrait, Genrebild, Landschaftsbild und Stillleben eine der klassischen, selbständigen Gattungen der Malerei. Bildinhalte (Sujets) des Historienbildes sind Darstellungen historischer bzw. geschichtlicher Ereignisse, die auf diese Weise vergegenwärtigt bzw. rekonstruiert wurden. Ob Albrecht AltdorfersAlexanderschlacht aus dem 16. Jahrhundert oder „Die Freiheit führt das Volk auf die Barrikaden des französischen Künstlers Eugène Delacroix bis hin zu „Guernica von Pablo Picasso — die Liste bedeutender Werke ist lang. Alle diese Künstler setzten ein wichtiges Ereignis aus der (fernen oder nahen) Geschichte malerisch in grossartiger Art und Weise um. Diese Malereien gehören zu den Ikonen der Menschheitsgeschichte.

Die in Mainz lebende Künstlerin Fee Fleck geht einen Schritt weiter: Es geht ihr vor allem wie seinerzeit Picasso darum, zu mahnen, niemals zu vergessen. Aber: Anders als ihre (zumeist männlichen) Maler-Kollegen antizipiert sie zeitgenössische Geschehnisse und Grausamkeiten, die Menschen an Menschen begehen, zu einem Zeitpunkt an dem dies nachhaltig stattfindet, aber noch nicht im öffentlichen Bewusstsein angekommen ist. Fee Fleck tut dies seit Jahrzehnten, mit Fokus auf die lange Historie der Unterdrückung, Diskreditierung und Verdammnis der Frauen (Medea-Zyklus) oder im Gedenken an die schändlich-mörderischen Untaten der Nazi-Zeit (Ständige Ausstellung der Installation „Die Grube in der Gedenkstätte KZ-Osthofen, Rheinland-Pfalz).

 

 

Den aus Fee Flecks Sicht bedeutsamsten Werkkomplex hat sie seit 2013 konzipiert und nunmehr zum 19. März 2016 realisiert: „Im Reich der Drohnen. Drohnen, jene automatisiert gelenkten Vernichtungskampfsysteme, die nahezu unsichtbar aus dem feigen Hinterhalt töten. Zumeist Unschuldige, Frauen und Kinder einbezogen. Prekär ist dabei, dass die zu tausenden eingesetzten Drohnen der US-Armee nur ferngesteuert werden können, wenn riesige Datenströme über die US-Airbase in Ramstein/Pfalz, also nicht weit weg von Mainz, gebündelt und gelenkt werden. Fee Fleck lässt dies seit Jahren nicht ruhen. Akribisch hat sie sich mit dem Thema beschäftigt. Und darüber kommuniziert. Der SWR widmete ihr im Spätsommer 2015 dazu ein herausragendes Porträt. Fee Fleck traf sogar den Drohnen-Whistleblower Brendon Bryant persönlich, der die USA verlassen musste, vor dem NSA-Untersuchungsausschuss in Berlin aussagte und derzeit in Oslo unter dem Patronat des Nobel-Preis-Komitees steht. Sie traf ihn in Mainz. Im U17 des Staatstheaters. Im Mainzer Kommunikationsparadies hat sie einer interdisziplinär besetzten Runde ihr Werk vorgestellt und darüber diskutiert.

Fee Fleck hat in ihrem „Arbeitsbuch jeden Gedanken, jede Bildnotiz notiert und eine einzigartige Bild-Geschichte entwickelt, die es in sich hat. Sie zeigt in fünf drei-mal-zwei-Meter großen Gemälden den Flug und Einsatz der Drohne, die quasi über unsere Köpfe und unser Land rauschen um in fernen Krisengebieten zu observieren und letztlich massenhaft töten. Der „Predator-Turm zeigt auf acht Bildtafeln die Arbeit des Drohnen-Piloten in seinem „Käfig“, einem Container vollgepfropft mit High-Tech-Computersytemen und Bildschirmen, den sich zwei Elitesoldaten teilen müssen. Wie Computerspiele-Roboter gehen sie ihrer Kampfmission nach, um letztlich nach wenigen Wochen und Monaten selbst Schaden zu nehmen. So grauenhaft die Tat, so grausam die Folgen.

Das Meisterhafte am Drohnen-Zyklus besteht im Zufügen der dritten Episode, mit dem Titel „Kontrapunkte. Hier wird gezeigt, was Menschen eigentlich zusteht, als verbrieftes Menschenrecht, das global für alle gelten muss: Liebe, Freude, Glück, Nähe, Wohlklang sind bildnerisch umgesetzt. Lange gingen Fee Flecks Überlegungen dahin, wie die Vorlagen aus ihrem Arbeitsbuch am besten umzusetzen sind. Im Gespräch mit den beiden Freunden und Kuratoren, Prof. Valy Wahl und mir selbst, wurde aus der Not eine Tugend gemacht: Andreas Weber formte aus den Arbeitsbuch-Bildern eine digitale, filmische Bildanimation, die im Frankfurter Hof am 19. März 2016 öffentlich uraufgeführt wird. Das Medium Film/Computeranimation schien besonders passend, da Liebe, Glück, Freude, Nähe, Wohlklang etwas flüchtiges sein können. Fast wie eine virtuelle Erfahrung, die dennoch besonders kostbar ist. Entstanden ist nicht nur das Zeigen von zweidimensionalen Bildern, sondern eine 17-minutige, bewegte und bewegende multimediale Reise durch die Bildwelten der Fee Fleck. Mitunter fliegt das Kameraauge über Fee Flecks Bilder hinweg, fast wie die Drohne, aber ohne Vernichtung zu bringen, sondern die Erkenntnis, was das Menschsein tatsächlich ausmacht: Das friedliche Miteinander, die Glückseligkeit, die einst auch die Gründungsväter der USA in ihrer Unabhängigkeitserklärung als zentrales Bestreben proklamierten.

Die erste deutsche Übersetzung der Unabhängigkeitserklärung veröffentlichte einen Tag nach ihrer Verabschiedung am 4. Juli 1776 die deutschsprachige Zeitung Pennsylvanischer Staatsbote in Philadelphia. Sie gab diesen Abschnitt folgendermaßen wieder:

„Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freyheit und das Bestreben nach Glückseligkeit. Daß zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; daß sobald einige Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volks ist, sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen, die auf solche Grundsätze gegründet, und deren Macht und Gewalt solchergestalt gebildet wird, als ihnen zur Erhaltung ihrer Sicherheit und Glückseligkeit am schicklichsten zu seyn dünket. (…)

Damit ist alles gesagt. Oder? Fee Fleck ermahnt uns also im 21. Jahrhundert, die Werte zu erinnern und zu achten, die im ausgehenden 18. Jahrhundert die Welt veränderten. Höchste Zeit, in unserer Krisen-geschüttelten Neuzeit, Kontrapunkte zu setzen. Bildanimation ab!

Exklusiver Preview der Bildanimation “Kontrapunkte” von Fee Fleck, geschaffen von Andreas Weber