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Von Andreas Weber | Click for english version

Es geschieht nicht alle Tage. Und ist in dieser besonderen Form schon gar nicht wiederholbar. Im Gutenberg-Museum zu Mainz würdigte die Ike und Berthold Roland-Stiftung das Schriftkünstler-Ehepaar Gudrun Zapf-von Hesse und (posthum) Prof. Hermann Zapf, der am 4. Juni 2015 verstarb. Mit besonderer Freude und voller Bewunderung begrüßte Generaldirektor Thomas Metz, Kulturelles Erbe (GDKE) Rheinland-Pfalz, eine erlauchte Schar von Gästen. Zur Erinnerung: Beide Preisträger sind Jahrgang 1918, also fast hundertjährig. Doch die Modernität oder besser gesagt die Zeitlosigkeit ihres Schaffens ist nachhaltiger denn je. Dem Gutenberg-Museum tut es sichtlich gut, das Erbe der Druckkunst, dem man sich mit Leidenschaft widmet, mit der Kultur der Schriftkunst zu verbinden. So war es für die Direktorin Dr. Annette Ludwig problemlos möglich, ad hoc aus eigenen Sammlungsbeständen zur Kunstpreis-Verleihung eine kleine, aber feine Ausstellung mit Werken beider Preisträger zu arrangieren, um ihre Laudatio abzurunden.

Der Stifter Dr. Berthold Roland profitierte von der Verbindung Druck- und Schriftkunst bereits in den 1960er Jahren. Gleich drei seiner damaligen Bücher wurden von Hermann Zapf gestaltet und bei Buchwettbewerben prämiert. Die vollendete, meisterhaft inszenierte Form hebt die gedruckten Inhalte auf das Siegerpodest — quasi ein Leitmotto im Schaffen der beiden Kunstpreisträger. Zapf&Zapf sind daher als Schriftentwerfer und Kalligraphen von Weltrang nicht „Konkurrenten“, sondern ein „Dream-Team“, wie man es sich besser gar nicht vorstellen kann. Wobei, das hat auch Hermann Zapf so gesehen und mir gegenüber persönlich geäussert, das künstlerische Schaffen seiner Frau deutlich weiter gefächert ist als es das Seinige war. Denn: Gudrun Zapf-von Hesse hat ein perfekt ausgeprägtes künstlerisches Talent, das mit technischer Handwerkskunst auf höchster Ebene gekoppelt ist, wie gerade ihre freien Arbeiten belegen.

 

Gudrun Zapf-von Hesse könnte, auch heute noch, mit der Präzision eines Schweizer Spitzen-Uhrmachers oder eines Edel-Goldschmiedes mithalten. Ihre Bucheinbände sind Unikat-Kunstwerke, wie man gleiches kaum zu finden vermag. Ihre von Hand geschriebenen Bücher sind Meilensteine der Buchkunst, bei denen man auf den ersten Blick nicht glauben mag, dass sie nicht mit perfekten Satzschriften gefertigt wurden. Ihre kalligraphisch-geprägten Aquarelle verzaubern. Seit 1952 stellte sie auf internationaler Ebene ihre Werke aus und erntete von allen Seiten Lob, Anerkennung und Bewunderung. Bis heute ist Gudrun Zapf-von Hesse  vor allem der Schreibwerkstatt Klingspor Offenbach herzlich verbunden. Im Wohnhaus in Darmstadt werden ihre Werke sorgsam bewahrt und inszeniert. Unaufdringlich, aber fulminant in der Wirkung. Wer immer dort sein darf, kommt aus dem Staunen nicht raus!

Hermann Zapf, den ich in meinem Nachruf voller Demut bewundern durfte, war ein glücklicher Mensch. Bis in den Tod hinein. Er durfte sich stets unbeschadet im Schatten seiner geliebten Frau sonnen. Ein Leben lang. Und er stand trotzdem immer im Mittelpunkt. Außer heute, in Mainz, bei der Kunstpreis-Verleihung, die Oliver Roland als RS-Stiftungs-Geschäftsführer so herzlich und großartig organisierte. Im Gutenberg-Museum stand Gudrun Zapf-von Hesse im Mittelpunkt. Mit ungebrochener Freude und Dankbarkeit für den Mann an ihrer Seite, den sie vermisst, der ihr aber nie fern sein wird.

 

 

Videoaufzeichnung der Kunstpreis-Verleihungsrede und Urkundenübergabe an Gudrun Zapf-von Hesse durch Oliver Roland, Geschäftsführer der Ike und Berthold Roland-Stiftung am 6. März 2016.