ValueCheck: Brand Experience vs. Customer Experience

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Was bringt dem Kunden eine Marke?
Was fordert eine Marke dem Kunden ab?

Überlegungen von Andreas Weber, Head of Value | English Version

 

Marken schwärmen: „Wir schaffen Erlebniswelten für unsere Kunden.“ 

Die Frage, die sich mir stellt, lautet: Treffen Marken noch das Momentum, was Kundenbedürfnisse, oder besser: die Kundenbefindlichkeit, tatsächlich ausmacht? Oder führt eine zunehmend forcierte Brand Experience-Attitüde nicht am Ziel vorbei — schafft mehr Frust als Lust?

Vorbemerkung: Von den Besten lernen! — Bevor sich die Eingangsfragen beantworten lassen, tut ein Blick zurück nach vorne gut (’Back to the Future’). Apple ist ein Paradebeispiel, von dem wir lernen können. Mitte der 1990er Jahre im Dauertief, fast nahe der Pleite, gelang der Turnaround. Heute ist Apple seit Jahren die wertvollste Marke der Welt. Wie konnte das gelingen? — „Communication first“ war ein zentrales Statement des legendären Steve Jobs beim ‚Apple confidential meeting‘ am 23. September 1997. 

Mit der kurz darauf gestarteten, unendlich erfolgreichen „Think Different“-Kampagne leitete er einen gewaltigen Umbruch in der Industriegeschichte ein, um mit dem iPhone 10 Jahre später die Schallmauer zu durchbrechen. Apple macht seitdem einen höheren Pro-Kopf-Gewinn als die meisten Unternehmen Pro-Kopf-Umsatz. 

Jobs betonte, dass Produkte, Marketing und Distribution wichtig seien, stellte aber die ‚Smart Communication‘ über alles und machte sie zur Chefsache. Mit seiner iPhone-Präsentation am 9. Januar 2007 erzielte er ad-hoc einen Zugewinn von rund 1 Milliarde US-Dollar (Media-Coverage, Aktienkurszuwachs) ohne das Produkt schon verkaufen zu können. Der Kniff: Jobs führte das neue Gerät bis ins Detail persönlich vor und hat sich damit mit seinen Kunden und ihren neuen Erlebnismöglichkeiten identifizierbar gemacht. 

Das Credo: Smart Communication rückt die Customer Experience ins Zentrum und machte den Vorreiter Apple bis dato zur Premium-Marke Nummer 1. Als iCEO war Jobs zugleich auch ein engagierter Chief Communication Officer, um seine Vorstellungen Teil der DNA von Apple, seiner Partner und v. a. seiner Kunden werden zu lassen. Ein Prinzip, dem andere Unternehmen wie z. B. Berkshire Hathaway durch Warren Buffett oder Virgin durch Richard Branson vermutlich ebenfalls ihren Erfolg verdanken. 

 

 

Apple hat sich aus meiner Sicht mit Abstand als fähigstes Smart Communication-Unternehmen profiliert. Mit maximaler Loyalität bei Kunden rund um den Globus. 

 


Persönliche Anmerkung: Die Erfahrung kann jeder machen, der ein Apple Produkt kauft — so wie ich gerade den neuen iMac 27’’ mit Retina 5K Display und MagicTrackpad: Von der (Online-)Beschaffung inkl. Leasing bis zur Lieferung frei Haus, der kinderleichten Inbetriebnahme (allein das Auspacken des iMac ist ein Designerlebnis!), bis zu der iCloud-Anmeldung unmittelbar folgenden Welcome-Email von Apple — die Profi-Support anbot, der sogleich aufs Beste erfolgte — wurde in kürzester Zeit der neue Computer Teil meiner persönlichen Erlebnis- und Arbeitswelt. Mit wunderbaren Überraschungen dank zahlreicher Technik-Innovationen und Qualitätsmerkmalen auf höchstem Niveau. In Summe: Benchmark!


Fragen wir uns also:
Was unterscheidet Customer Experience von Brand Experience?

Von den besten lernen: Schaut man genau hin, verfolgen neben Apple auch andere der wertvollsten Marken der Welt ein ähnliches Prinzip: Google, Facebook, Amazon, Uber und Airbnb — alles überaus erfolgreiche Unternehmen der neueren Zeit, die das Customer Experience-Prinzip verinnerlicht haben und praktizieren. Von Experten wird gerne angeführt, der Erfolg liege am überlegenen innovativen Plattform-Geschäftsmodell. 

Aus meiner Sicht stimmt das zwar, weil exponentielles Wachstum möglich wird: man ist in der Lage, Millionen und Milliarden von Kunden direkt anzusprechen; aber Geschäftsmodell-Innovationen wie auch neue Digital-Technologien sind ‚nur’ Mittel zum Zweck — und per se keine Erfolgsgaranten.

Wir müssen also das Andere denken — Think different!

 

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Überlegung 1

Entscheidend ist, die Innovations- und Technologie-Mechanismen so auszunutzen, dass Dialoge respektive Konversationen mit Kunden in Echtzeit entstehen, um für die Perfektionierung von Services und Produkten nutzbar zu werden, die sich am individuellen Bedarf des Kunden ausrichten. Smart Communication stellt das sicher!

Überlegung 2

Die Marke selbst steht nicht mehr im Zentrum, sie wird quasi zum gemeinsamen Vehikel von Unternehmen und Kunden. Aus Mass Marketing wird Mass Customized Marketing. Legt man wie die Mehrzahl der etablierten Markenunternehmen den Fokus auf Brand Experience, um über die möglichst starke Strahlkraft der Marke per Mass Penetration Kunden zu beeindrucken und so zum Kaufen zu bewegen, kann man im besten Falle noch Kosten decken, aber kaum noch profitabel organisch wachsen oder zweistellige Margen erzielen.

Überlegung 3

Die Realität ist zwangsläufig: Kunden fühlen sich mehr und mehr enttäuscht, wenn Marken offensichtlich den persönlichen Kontakt zu Ihnen verloren haben. 

 



Adobe
hat in seiner aktuellen Studie „Reinventing Loyalty: The New Loyalty Experience“ (Herbst 2017) herausgefunden, dass 75 Prozent der CMO’s zugeben, dass bei Kunden-bindung/Kundenzufriedenheit Verbesserungsbedarf besteht bzw. dass sie gar nicht wissen, was ihre Kunden eigentlich beschäftigt. „This clearly demonstrates that CMOs feel that there is huge room for improvement when it comes to implementing the new loyalty dimensions.“


Die neuen ‚Loyalty Dimensions’ fußen meines Erachten auf ‚alten‘ gemeinsamen Wertvorstellungen, geprägt durch Vertrauen, Zufriedenheit, Verbundenheit (relatedness), die auch den Kern von Smart Communication ausmachen. 

In diesem Kontext zu beachten: Die üblichen ‚digitalen‘ Transformations-Bestrebungen führen am Ziel vorbei, da nicht Customer Experience, sondern die Optimierung unternehmensinterner Prozesse erfolgt, die dem Unternehmen Aufwand und Kosten sparen, den Aufwand beim Kunden aber drastisch erhöhen. Persönliche Rückfrage-Möglichkeiten von Mensch zu Mensch sind dann allzuoft kaum noch möglich.

 

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Überlegung 4

Um Unzufriedenheit und Loyalitätsverlust bei Kunden zu vermeiden, bedarf es aus meiner Sicht nicht unbedingt einer veränderten Qualifikation, sondern der Änderung des Auftrags der Marketing-Verantwortlichen. 

Warum?

  • Brand Experience legt den Fokus auf „buying“ und benutzt überwiegend kostspielige Medien und Kreativ-Leistungen Dritter (wobei wie Nielsen in Deutschland als Premiummarkt in Europa für das Jahr 2017 vermeldet, die Brutto-Werbeausgaben zum Teil rückläufig sind, trotz hohem Wachstum bei Mobile-Advertising). Die entsprechenden Strategien und Maßnahmen zielen darauf ab, Kunden ständig, fast wie auf einer Treibjagd, mit Werbebotschaften zu befeuern, anywhere, anytime. Sog. Bonusprogramm dynamisieren die Hetze erheblich.
  • Aber: Customer Experience setzt dagegen auf „serving & satisfying“ v. a. durch Direktkontakte und Dialoge. Customer Experience folgt dem Prinzip des ‚Listen & Learn‘. Die Echtzeit-Erfassung der Kundenerlebnisse wird genutzt, um Produkte und Services stetig zu verbessern. Kommunikation und Transaktion werden dabei so eng wie möglich, am besten nahtlos, verzahnt. — Credo: It’s all about interaction and relatedness by smart communication.

Überlegung 5

Das Brand Experience Prinzip führt nicht mehr weiter. Mit einer individuell zugeschnittenen Smart Communication-Architektur, die Customer Experience-fokussiert ausgestaltet wird, lassen sich Kundenbefindlichkeiten und Erwartungen am besten decken. Im Fokus: Great Conversations!

Wenn man die für Apple so erfolgreiche Smart Communication-Strategie systemisch strukturiert, aufs eigene Unternehmen adaptiert sowie im Detail das Wesen der Smart Communication exakt versteht, wird man extrem rasch auf individuelle Kundenbefindlichkeiten eingehen können. Es bleibt nämlich gar keine andere Wahl! ‚Communication first‘ geht dann einher mit ‚Customer benefits first‘.

 


 

Handlungsanweisungen 

  1. Think different! Stelle Deine aktuelle Branding- und Customer Experience-Strategie auf den Prüfstand und diskutiere Deine Erkenntnisse mit anderen.
  2. Überdenke und hinterfrage kritisch den Wert der gegenwärtigen Kommunikationspraxis in Deinem Unternehmen (gerne mithilfe des ValueCheck Fragenkatalogs).
  3. Listen & Learn: Verstehe und nutze die Insights, die mein White Paper zu „Smart Communication“ bietet, inkl. konkreten Handlungsanleitungen und Organisation-Modellen.
  4. Gerne stehe ich mit meinem reichen Erfahrungswissen für weitere Erläuterungen und Unterstützung zur Verfügung.

 


 

Über den Autor: Seit mehr als 25 Jahren engagiert sich Andreas Weber als international renommierter Business Communication Analyst, Coach, Influencer und Transformer. Seine Aktivitäten fokussieren sich auf ‚Transformation for the Digital Age’ via Vorträgen, Management Briefings, Workshops, Analysen & Reports, Strategic Advice. — Mit seinem Blog www.valuetrendradar.com inspiriert er Leser aus über 130 Ländern der Welt.

 


 

 


 

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